Von Einkaufstouristen und Wagenparkern…

Liebes Leben,

ja, ich weiß es ist Samstag, ja ich weiß, 11.30 Uhr ist nicht die beste Zeit zum Einkauf, ja ich weiß, dass ich mir schon hundert Mal vorgenommen hatte, NICHT mehr am Samstag um 11.30 Uhr einkaufen zu gehen.
Heute war ich einkaufen. Samstag, halb zwölf im Supermarkt. Samstags um halb zwölf sind genau die Menschen beim Einkaufen, die offensichtlich auch ein anderes Mal hätten gehen können. Rentner, die mit ihren Einkaufslisten in Sütterlin exakt in der Mitte zwischen zwei Nudelregalen stehen bleiben und fremden Menschen versichern, dass es nach dem Krieg so eine Auswahl nicht gegeben hätte, dass die Menschen damals noch bescheidener gewesen seien und sich mit dem begnügen mussten, was sie bekommen hätten. Wenn man sich dann beinahe für die heutige dekadente Auswahl verantwortlich fühlen möchte, wirft man einen Blick in den Einkaufswagen der Rentner: Chinesisches Wok-Gemüse, Basmati-Reis, Ingwer-Wurzel, Lindt-Pralinen und Weichspüler. Früher war alles besser. Schon klar.
Neben den Rentnern sind da noch die Mütter mit ihren sieben Zwergen, von denen fünf schon laufen können, eins im Wagen plärrt und eins auf dem Arm der Mama den Aufstand probt. Mit lähmender Gleichgültigkeit schieben diese Mütter ihren Wagen (eskortiert von fünf Kindereinkaufswägen mit Fähnchen dran) durch die Reihen und andere Kunden als Spalier in die Seitengänge, um am Ende einen Pack Windeln und fünf Mal Puddingpulver zu erstehen. Auch die Fraktion der Wagenparker ist vornehmlich samstags unterwegs. Das sind die Kunden, die ihren vollen Wagen gerne mal – ist ja aber auch schwer das Ding – im Mittelgang stehen lassen, meist diagonal, und eine Viertelstunde nach dem präferierten Duschgel suchen, ohne sich ihres Verkehrshindernisses bewusst zu sein. Aber am Schlimmsten sind die Erlebnis-Touristen. Vornehmlich Männer, die mit ihren Gattinnen am Wochenende den Großeinkauf machen und sich dabei fühlen müssen wie ein Sechsjähriger im Legoland. Mit großen Augen bleiben sie – natürlich mitten im Weg – vor dem Gewürzregal stehen und nehmen mit unermüdlicher Begeisterung ein Döschen nach dem anderen heraus und studieren dessen Beschriftung. "Schatz, hier gibt's Bratkartoffelwürzer. Und Salz, extra für Tomaten. Was ist denn gerebelt?" Die armen Frauen stehen daneben, schauen auf die Uhr und schwören sich, nächsten Samstag allein einkaufen zu gehen.
Aber es geht ihnen wie mir und so sehen wir uns sicher nächste Woche wieder. Samstag, halb zwölf im Supermarkt.

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