War nie wirklich weg …

Eine kurze Nachricht auf facebook nur und doch hat sie mich berührt – eine mir persönlich unbekannte Leserin (hallo Mia, Du weißt, dass Du gemeint bist!) hat mich neulich abends angeschrieben und gefragt, wie es mir geht. Dafür, genau dafür liebe ich dieses gar nicht so anonyme Internet. Es ist tatsächlich jemandem aufgefallen, dass es hier eine ganze Weile ziemlich ruhig war. Liebe Mia, Du hast mir damit eine große Freude gemacht. (Ich habe tatsächlich jedem am Tisch erzählt, dass ich einen Leser habe, der mich vermisst!) Wie großartig ist das denn?

Woran meine Blogabstinenz liegt, kann ich gar nicht so genau sagen. Ich bin von Grund auf ein sehr mitteilungsbedürftiges Wesen. Freunde aus dem Leben 1.0 dürften an dieser Stelle mit dem Kopf nicken. (Ich liebe Euch übrigens!) Ich hatte auch viele Blogpostgedanken und Erlebnisse, aber nichts davon hat es ins digitale Tagebuch geschafft.

Ein paar Neuigkeiten gibt es vielleicht doch, ein paar Erkenntnisse jedenfalls.

Zum Beispiel die, dass Frauen manchmal ziemlich heldenhaft sind. Genau das dachte ich neulich, als ich im Auto unterwegs war. Es gelingt uns, den Haushalt im Griff zu haben, dafür zu sorgen, dass Milch im Kühlschrank ist und die Turnschuhe des Kindes im Turnbeutel, wir denken an Arzttermine, besorgen rechtzeitig Geburtstagsgeschenke, erledigen Besorgungen, haben einen Kopf voll mit 2957 Schubladen, die alle sorgsam gepflegt werden. Die Wäsche wird gewaschen, das Auto getankt, das Kind gebadet, Elternabende, Arbeitstermine und Einkäufe erledigen wir quasi en passant.

So gut und nützlich dieses System im Alltag ist, ich habe dabei eines gemerkt: Im Kopf bin ich immer schon zwei Schritte weiter. Sitz ich morgens beim Kaffee, bin ich gedanklich in der Redaktion. Schreibe ich dort an einem Artikel, denke ich an die Recherche für den nächsten. Esse ich zu Mittag, bin ich mit dem Kopf im Nachmittag, sitze ich abends im Gemeinderat, überlege ich, ob es noch für einen Einkauf reicht und was wir morgen essen. Als ich in dieser Woche unverhofft einen Tag frei hatte, hatte ich große Pläne. Zumindest wollte ich mir am Vorabend solche für die freie Zeit machen. Und schlief darüber völlig geplättet ein. So wachte ich also am Mittwochmorgen auf und das leicht panische Gefühl beschlich mich, mir gar nichts für den Tag vorgenommen zu haben. Und das war der Moment, in dem mir bewusst wurde, dass ich manchmal echt bescheuert bin. 

Zwar ist der Begriff Achtsamkeit in aller Munde und ich hätte jederzeit behauptet, ein achtsamer Mensch zu sein, aber was das wirklich bedeutet, wurde mir an diesem Morgen im Bett schlagartig bewusst. Und so verbrachte ich den Tag immer bei Punkt null. Nicht bei zwei oder drei, sondern ganz im Moment. Am Abend hatte ich mehr erledigt, als ich mir je auf eine to-do-list geschrieben hätte.

Unter anderem habe ich zum Beispiel Schränke ausgemistet. Die Erkenntnis, dass wir von allen Dingen einfach viel zu viel haben, ist mir nicht neu. Aber ich habe begonnen, sie kategorisch umzusetzen. Von zwei vollgestopften Regalfächern voller Bettwäsche sind drei Sets übrig geblieben. Gewaschen und in Klarsichtboxen verstaut und beschriftet erfüllen sie mich mit so viel Glück, dass ich am Mittwoch mehrmals am Tag die Schranktür geöffnet und hineingelinst habe. Je weniger man sich um Dinge kümmern muss, die einem die Schränke und das Leben füllen, desto leichter fühlt sich das Leben auch an. Achtsamkeit ist im Grunde nichts anderes, als Wertschätzung der Dinge, die man hat. Und Ordnung ist nichts anderes als Selbstliebe, denn ich bin es mir wert, in einem sauberen, ordentlichen und schönen Zuhause zu leben. Zur Feier des Tages habe ich mir abends beim Gärtner meines Vertrauens einen großen Strauß der schönsten Rosen gekauft. Ihr Anblick erfreut mich seither, mindestens so sehr wie der meines Schrankinhalts.

Ein bisschen ähnlich beschreibt es Marie Kondo in ihrem gehypten Aufräumbuch. Und obwohl ich zutiefst davon überzeugt bin, dass ihre Art zu denken sehr viel mit Zwangserkrankung zu tun hat, stimmen wir in einem Punkt überein: Es lebt sich besser, wenn man nur die Dinge aufbewahrt, die man benutzt und oder schätzt. Weil ich von mehreren Seiten aber gefragt worden bin, ob ich zum Putzteufel zu mutieren gedenke, habe ich mir aber sicherheitshalber ein paar Folgen dieser britischen Serie angeguckt. Ihr könnt ganz beruhigt sein: Ich bin von obsessiv gaaanz weit weg. (Es gibt eine Frau, die zweimal täglich ihre Badewanne mit Bleiche behandelt, ganz gleich, ob sie benutzt wurde oder nicht. Ganz so schlimm ist es bei mir nicht. Echt.)

Und sonst so? Ich habe mein Arbeitspensum auf 70 Prozent erhöht, wovon ich mir 10 Prozent daheim einteilen kann, wie ich es mag. Zum Beispiel habe ich gestern einen Artikel fertig gemacht und heute ein paar mails verschickt.

Das Kind hat zwei Wackelzähne, wird aber keine Zahnlücke bekommen, weil dahinter schon die nächsten wachsen.

Ich bin zwischendurch ein Jahr älter geworden und zu der Erkenntnis gekommen, dass dieser lang-aufblieben-Scheiß echt nix mehr für mich ist. 🙂

Wir haben Ostern am Bodensee verbracht und es war der entspannteste Wochenendausflug aller Zeiten und ich habe noch nie so gut auswärts geschlafen, wie in diesen beiden Nächten. Auch Entschleunigen will gelernt sein.

Insofern winke ich allen tapferen Weiterlesern an dieser Stelle zu, es gibt mich noch, ich glaube, ihr werdet wieder öfter von mir lesen. So ihr möchtet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert