Lost in Oberschwaben…

So ein Navi macht abhängig. Man fährt blindlings dahin, wo die freundliche Stimme aus dem Off einen hinschickt. Manche ja sogar in Hafenbecken oder über Klippen. Viel zu gefährlich. Frau von heute fährt ja selbstbestimmt. Und Karten lesen zu können hat ja auch noch keinem geschadet. Und sich eine Strecke einzuprägen und die Karte dann daheim zu lassen, schult das Gedächtnis und den Orientierungssinn.

Klar. Nur hätte mir am Samstag ein Navi wenigstens sagen können, WO ich mich verfahren habe. Und eine Karte hätte mir gezeigt, WO ZUM GEIER ICH BIN.
Aber nein, Frau Venus fährt ja ohne Hilfsmittel, aber von ihren Navigationskünsten überzeugt zu einer Sitzung los. Was sind schon knappe 100 Kilometer, wenn man zwei Drittel der Strecke kennt. Nun ja. Bis zu einem gewissen Punkt war das alles kein Problem. Und auch danach wurde mir meine prekäre Lage nicht gleich bewusst. Ich hatte auf der Karte gesehen, dass ich mich in Richtung einer größeren Stadt halten muss und danach, so dachte ich wenigstens, kämen noch fünf Käffer und dann müssten wir am Ziel sein.
Soweit so gut. Nach der erwähnten angepeilten Stadt kamen auch Käffer. Aber leider nichts anderes als Käffer. Nachdem wir munter plaudernd (auf meinem Beifahrersitz saß eine noch viel Orientierungslosere) erstmal schön gerade aus gefahren sind, kamen Frau Venus nach geraumer Zeit doch leichte Zweifel. Müsste das Ziel nicht mal langsam irgendwo angeschrieben sein?
Aber wozu ist man schließlich verheiratet? Frau Venus zog selbstsicher den Telefonjoker – und dieser verweigerte den Dienst. Schon unterwegs, keine Karte dabei, kein Internet in Reichweite. Hmpf.
Gut, wozu hat man Freunde? Frau Venus zog leicht genervt den zweiten Telefonjoker – und schmiss jenen Armen erstmal aus dem Bett. Samstagmorgen, halb zehn in Deutschland. Der war aber nicht gram und eilte sofort ins Internet. Und ich wollte ihn – brav mit Freisprecheinrichtung nochmals zurückrufen. Was ich auch tat. Nur leider… war belegt. Und auf dem Handy… ging er nicht ran. Und auf dem Festnetz … war immer noch belegt. Und belegt. Und wir fuhren weiterhin nach “GEFÜHL”. (Hinterher stellte sich raus – Telefon nicht richtig aufgelegt, Handy lautlos, Wegbeschreibung per sms an die alte Handynummer geschickt… Verkettung unglücklicher Umstände…)

Ein gelbes Auto mit Posthorn bewegte mich schließlich zum Anhalten. Frauen haben ja angeblich keine Orientierung, aber wissen, wie man charmant nach dem Weg fragt. Das Gesicht der Dame entgleiste zu meinem Entsetzen etwas, als ich nach dem Zielort fragte. Sie guckte, um genau zu sein, als hätte ich in einem oberschwäbischen Dorf nach Castrop-Rauxel gefragt. Trotzdem schickte sie uns in die richtige Richtung. Und der nächste Herr auch. Und irgendwann… tauchte schemenhaft unser Ziel am Horizont auf. Nach dreimaliger Umrundung des Sitzungshotels und dreimaliger Durchquerung des samstäglichen Wochenmarkts (WER BUCHT DENN EIN HOTEL MITTEN IN DER FUSSGÄNGERZONE…) haben wir dann schließlich die richtige Tür gefunden. Wurden freundlich empfangen. Jaja, erst GRADE EBEN angefangen, NICHTS VERPASST. Hört auf so blöd zu grinsen, ihr Deppen. Immerhin: Sie haben ihr Ziel erreicht. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott bekanntlich nicht zu sorgen. Aber für ausreichendes Kartenmaterial. Ab sofort. Versprochen.

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