Mein Job hält oft Überraschungen bereit. Ein bisschen ist es wie in einem Krimi – die spannendste Wendung kommt erst am Schluss. Und so kommt es, dass wir in der Redaktion noch an einer fast fertigen Seite werkeln, wenn sich plötzlich etwas ergibt, das ein Umplanen erfordert. Eine solche Überraschung ist mir gestern vor die Füße gefallen. Wir hatten eine Frage von einem Leser bekommen, der etwas beobachtet hatte. Ich habe bei der entsprechenden Stelle nachgehakt und eine Antwort in hölzernem Behördendeutsch bekommen. Ich hätte mich fast damit zufrieden gegeben, mir aber dann überlegt, dass ich mit dem Begriff nicht wirklich etwas anfangen kann und unsere Leser dann vielleicht auch nicht. Und …
… beim nochmaligen Nachhaken rückte mein Gesprächspartner dann mit einer wesentlich verständlicheren Erklärung für meine Frage heraus, die mich verblüffte und mir einen neuen Aufmacher bescherte.
Die nächste Überraschung erlebte ich abends in einer Gemeinderatssitzung, als es hieß, dem hiesigen Landratsamt liege seit sage und schreibe 31 Jahren ein Antrag vor, von dessen Genehmigung oder Ablehnung der Seelenfrieden einer ganzen Gemeinde abhänge. Allein – es sei noch nichts entschieden worden. Ich habe also heute bei eben jener Behörde nachgefragt, wie man sich die Laufzeit dieses Gesuchs erklärt und eine Antwort bekommen, die alles noch viel verwirrender macht. Nur soviel: Es ist von einem auf Bitten des Antragsstellers ruhenden Antrag die Rede, von einem angekündigten neuen Antrag und überhaupt warte man auf die Reaktion eines Verbandes, der zunächst auf eine Stellungnahme der Gemeinde warte. Und ich werde ja schon nach zwei Stunden im Wartezimmer des Kinderarztes ungeduldig.
Während ich auf diese Stellungnahme wartete, durchschnitt allerdings mein Feierabend das Prozedere und ich war für heute und bis Dienstag raus aus der Sache. Und nicht so richtig glücklich. Denn einerseits fühle ich mich verantwortlich dafür, angefangene Dinge fertig zu machen und nicht den Kollegen aufzuhalsen und andererseits hätte ich einfach heute mittag mehr Kapazität gehabt, als der Rest, der in eigene Aufgaben eingebunden war. Und so ringe ich mit mir selbst, inwiefern ein halber Arbeitstag in diesem Job sinnvoll ist, ob ich aus dem halben einen ganzen machen soll, ob die Familie da mitspielt, ob die Zeitknappheit irgendwann dann auf den Freitagmorgen rutscht und das Spiel von vorn beginnt, oder oder oder. Ich befolge nun den Rat lieber Menschen und warte mindestens diesen Monat ab. Vielleicht waren die ersten beiden halben Donnerstage doofe Ausnahmen. Vielleicht auch nicht, aber das sehe ich dann Ende des Monats etwas klarer.
Und sonst so? Läuft viel entspannter, als ich es mir hätte je erträumen lassen. Das Kind (außer, dass es jetzt auch im Gesicht aussieht, als hätte es die Ringelröteln erwischt, ich war ja aber schon zweimal bei zwei Docs, deren Meinung darüber nicht deckungsgleich war, da hätte ich gleich Dr. Google konsultieren können) wuppt die arbeitende Mama ohne Gemecker (weniger Mama = mehr Oma und Oma = yeah!). Die arbeitende Mama verschusselt zwar immer wieder wichtige Anmeldezettel aus dem Kindi, erinnert sich aber immerhin, rechtzeitig telefonisch zu antworten. Und der Mann der arbeitenden Frau steht hinter dem Ganzen und hört sich abends um halb elf auf der Couch (früher Feierabend war nicht) noch geduldig Gemeinderatssitzungen in Echtzeit an. Ich habe mir ganz fest vorgenommen, nie mehr über Vereinbarkeitsprobleme auf diesem Blog zu jammern, denn de facto haben wir keine. Und wir wissen das zu schätzen. Sehr.