Wie Looping Louie zu einem Berliner kam

Heute war ich Looping Louie. Kennt ihr den kleinen Kerl aus dem Brettspiel, der in einem Flugzeug hockt und immer wieder wegkatapultiert wird, bevor er landen kann? Der Tag war so randvoll gepackt mit “das noch” und “könntest du noch?” und “nicht vergessen”, dass ich mittendrin das dringende Bedürfnis hatte, mich unter den Schreibtisch zu setzen und am Daumen zu lutschen. Aus mehreren Gründen tat ich es nicht. Unter anderem, um meine Kollegen auch weiterhin in dem Glauben zu lassen, ich sei völlig normal. 🙂

Eigentlich begann der Tag ganz entspannt. Zwar verdammt früh für Redaktionsverhältnisse (8:30 Uhr!) aber entspannt. Und zwar vor Gericht. Nur soviel: Ich habe heute viel über Rinderhaltung gelernt, weiß, woran man in einer Kuhherde einen Kümmerer erkennt und wann ein Kalb vom Saugkalb zum Fresser wird. Auch deshalb liebeliebeliebe ich meinen Beruf so sehr.

Als ich dann in der Redaktion ankam, legte jemand den Hebel um und Looping Louie begann seine Runden zu drehen. Erst machte ich mich an den Gerichtsbericht, dann begann ich, Seitenlücken zu füllen, nahm gefühlt 384465 mal das Telefon ab, baute einen Aufmacher nochmal komplett um mit einem Text, der mich eine Stunde Zeit kostete, organisierte Termine von Kollegen, machte eigene aus, räumte das vollgelaufene Postfach auf, bekam Wind von einer großen Geschichte, sah zu, wie sie einen Anruf später zum Gerücht zerbröselte und baute schließlich nochmal alles um, weil ich noch etwas Wichtiges in die Finger bekam. Irgendwann war ich an dem Punkt angekommen, an dem ich neue do’s nur noch mit einem milden Lächeln auf die to-Liste schaufelte. Das mit dem Daumenlutschen war ja keine Option.

Als ich heute Abend nach acht immer noch in der Redaktion war, hatte ich noch ein ganz produktives Gespräch mit dem Chefchef. Allerdings sprudelte nichts Kreatives mehr aus mir heraus. Der Bauch war zu leer und der Kopf zu voll. Als ich das Auto schließlich in die Garage manövrierte, wurde mir bewusst, dass ich es ziemlich genau 12 Stunden vorher dort rückwärts ausgeparkt hatte und in diesen Tag gestartet bin. In einen Tag, der rückblickend nicht zu denen gehört, die ich zu den Top-Ten zählen würde. Eigentlich.

Denn gerade vorhin, als ich neben Hannah im Bett lag und ihre kleine warme Hand hielt, wurde mir etwas sehr bewusst: Der Tag war vollgepackt mit Aufgaben. Aber da waren Menschen um mich herum, die mir die Aufgaben zugewiesen, abgenommen, erledigen geholfen haben. Und je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Momente fielen mir heuten ein, die wie kleine Sterne über den Tag verteilt zu leuchten begannen. Das nette Gespräch heute morgen mit dem Kollegen vom Mitbewerber, den ich wirklich mag, wenngleich wir unterschiedliche Chefs haben. Die liebe Mail von einem anderen Redakteur, der sich heute bedankt hat, weil ich ihm einen Packen Arbeit abgenommen habe. Der Kollege von schräg übern Gang, der heute mittag ohne Anlass eine große Tüte Berliner für alle mitbrachte und meine Lieblingskollegin gegenüber, die mich eine Weile durch den Bürobenjamini beobachtete bei meinem Kampf mit der quellenden Marmelade und dem bröselnden Zucker und schließlich kopfschüttelnd mit den Worten “ich hol dir jetzt ne Serviette” aufstand. (Man kann sich an Berlinermarmelade verschlucken, wenn man versucht, sie lachend zu inhalieren, nur so als Tipp) (Wer bitte kann Berliner würdevoll essen? Berliner sind die Döner der Gebäckabteilung!)

Ich hätte mich also heute Abend mit einem wenig eleganten Grunzen auf die Couch fallen lassen und mich darüber auslassen können, wie furchtbar mein Tag war. Hätte ich nicht ein Weilchen an meiner Perspektive geschraubt und mir die vielen schönen Augenblicke des Tages ganz bewusst gemacht. Unter die Top-Ten kommt er zwar immer noch nicht. Aber vom Schlusslicht ist er ganz weit abgerückt.

Und eigentlich ist dieses Ergebnis gar nicht überraschend. Denn im Grunde bin ich konditioniert darauf, aus schlechten Tagen gute zu machen. Auch mir wollen manche Dinge nicht immer so gelingen, wie ich sie geplant habe. Etwas kommt dazwischen, die Arbeit wird mehr, der Arbeitstag immer länger.

Aber all das sind Umstände. Und ganz ehrlich – wozu sollte ich Energie verpulvern für etwas, das ich nicht beeinflussen kann? Würde ich mich vor eine Mauer stellen und jammern, wenn ein paar Meter weiter eine offene Tür ist? Ich würde einfach ein paar Meter Umweg in Kauf nehmen und mich dorthin bewegen. Stillstand und Jammern machen die Umstände nur schlimmer. Ich kann die Gegebenheiten nicht immer ändern, wohl aber meine innere Haltung. Und die ist grundsätzlich positiv, bejahend und willensstark. Die Umstände mögen mir einreden wollen, der Tag würde mich die letzte Kraft kosten, der Haufen Arbeit nie kleiner und das Telefon gar nicht mehr stillstehen. Aber wenn die Umstände so sind, dann vertraue ich aus dem Bauch heraus darauf, dass ich Ihnen gewachsen bin. Und in dem Moment, in dem ich das tue, geben die meisten Umstände klein bei. Plötzlich kommt alles wieder ins Fließen und der Berg löst sich in Häkchen auf der Liste auf. Was ich meine: Fokussiert bleiben, das Pensum ignorieren, anfangen. Was ich nicht meine: Sich täglich selbst zu geißeln und ständig die eigenen Grenzen zu missachten. Wer sich ausbeutet auf Dauer wird das nicht lange schaffen. Sich Hilfe von Kollegen zu holen und die eigene Belastbarkeit zu kennen ist maßgeblich wichtig. Und trotzdem: Wer auf seine Fähigkeiten vertraut und weiß, dass er den Berg bewältigen wird, bevor er überhaupt erst angefangen hat, tut sich viel leichter mit dem ersten Schritt.

Am allerbesten funktioniert das mit dem Selbstvertrauen übrigens, wenn man Berlinermarmelade in den Nasenlöchern hat. Das ist aber kein Muss.

Ach inneres Ich, Du machst das schon …

Hätte ich vor 18 Jahren mein inneres ich von heute gekannt, wäre mir so manch schlaflose Nacht erspart geblieben. Ich hätte Tage wie den heutigen nicht unausgeschlafen begonnen, hätte mich nicht mit Herzklopfen ans Werk gemacht, mich für feuchte Hände und rote Flecken im Gesicht geschämt. Und ständig befürchtet, komplett zu versagen. Hätte ich gewusst, was ich heute weiß.

Ich wusste es aber nicht. Und so haben mich Termine wie den heutigen vor 18, vielleicht auch noch vor 15 Jahren schon im Vorfeld sehr beschäftigt. Dabei war die Aufgabe von heute beileibe keine Unlösbare. Dennoch: Sie bestand aus Elementen, die früher dafür gesorgt hätten, dass ich dem Tag mit Skepsis und Respekt entgegensehe. 

Heute – war ich gelassen. Und erinnerte mich mit Schmunzeln während meiner gut einstündigen Autofahrt an mein unsicheres ich zu Beginn meines Volontariats, dem honorige Anzugträger mehr Respekt einflößten als Uniformierte. Was, wenn ich Namen verwechselte? Was, wenn ich den Tagungsort nicht fand? Was, wenn ich zu spät käme? Was, wenn ich nichts vom Gesagten richtig einordnen oder verstehen könnte? 

Es mag die Lebenserfahrung und die Berufserfahrung sein. Vermutlich beides. Zumindest ist es das Alter. Heute, mit *hust*unddreißig, werde ich anders behandelt als mit 19. Damals meinte ich zumindest die Zweifel zu spüren, die mein Gesprächspartner an meiner Kompetenz haben könnte. Ich war die kleine Brünette (mit den Flecken im Gesicht, jaja), die ein bisschen stammelt und vor lauter fast vergisst, wie sie heißt. 

Gut. An meiner Körpergröße hat sich nichts mehr geändert. Wohl aber an der Höhe meiner Absätze. Am Druck meiner Rechten und an den Flecken, die keinen Grund mehr haben, sichtbar zu werden. Heute bin ich zu meinem Termin gerauscht, war pünktlich,  habe mich wirklich nett mit den Kollegen anderer Zeitungshäuser unterhalten, viele Hände geschüttelt (auch Feuchte), fleckenlos zugehört, mitgeschrieben und gut. Es ist das Wissen um mein eigenes Wissen. Das Vertrauen in meine Fähigkeiten und in die Tatsache, dass andere auch nur mit Wasser kochen. Das kann man mit 19 nicht haben, aber man kann im Rückblick darüber schmunzeln. 

Wie man’s macht …

In Zeiten, in denen Redakteure der Obrigkeitshörigkeit verdächtigt werden, in denen Begriffe wie Lügenpresse fallen, geben wir täglich unser Bestes, den Vorwürfen entgegenzutreten und es besser zu machen. Auch wenn es um banale Dinge geht.

Als ich im Mai angefangen habe, wieder zu arbeiten, ist mir irgendwie ein Thema in den Schoß gefallen. Es geht um einen Streit, der seit Monaten schwelt. Neulich ist ein großer Artikel von mir dazu erschienen, an dem ich tagelang gearbeitet und recherchiert habe. 

Heute morgen rief einer der Beteiligten an (der nicht im Artikel vorkam).

Sinngemäß lief das Gespräch ungefähr so:

Er: “Ihr Artikel war doof! Sie schreiben, dass das Gras grün ist! Wer hat Ihnen das gesagt?”

Ich: “Die zuständige Rasenbehörde!”

Er: “Ach. Und der glauben Sie?”

Ich: “Öh … ja, es ist eine Behörde, sie unterliegt dem Gesetz…”

Er (unterbricht micht): “Gesetze, ha, dass ich nicht lache, die Behörde hält sich doch nicht ans Gesetz! Grünes Gras! Ha! Und Sie glauben das! Sie haben sich das von denen ins Blatt diktieren lassen.”

Ich: “Was ich geschrieben habe, geht aus dem aktuellen Grasfarben-Gutachten hervor!”

Er: “Wo steht das?”

Ich (zitiere aus dem Gutachten): “… so ist abschließend festzustellen, dass das Gras grün ist.”

Er: “Grün! Das muss man doch interpretieren! Gemeint ist, das Gras kann alle Farben haben, aber grün ist die wahrscheinlichste! Verstehen Sie das nicht? Grün! Das hat sich Ihr Informant doch ausgedacht, der legt sich ja alles zurecht wie es ihm passt und beruft sich auf das Gutachten.”

Ich: “Das steht doch aber nicht da!”

Er: “Sie kennen sich in Sachen Grasfarben halt net so gut aus wie ich, ich bin da jetzt schon echt ein Fachmann.”

Ich: “Aber wenn da grün steht, der Fachmann bestätigt, dass da grün steht und ich schreibe, dass der Fachmann sagt, es sei grün … wo ist dann ihr Problem?”

Er (selbstsicher):  “Ich hatte gestern einen anderen Fachmann da. Der sagt, das Gras ist blau!”

Ich: “Oh. Blau? Können Sie das belegen?”

Er: “Ja natürlich, ich habe ein 1000-seitiges Gutachten!”

Ich: “Kann ich das haben?”

Er: “Ja natürlich. Nur ist der Drucker gerade ausgefallen. Aber dann dürfen Sie es durchblättern.”

Ich: “Ich werde es lesen, komplett. Und da steht drin, dass das Gras blau ist?”

Er: “Ich hatte ja nicht gesagt, dass es blau ist.”

ich: “NICHT?”

Er: “Es gibt ja auch sowas dazwischen. Wie … türkis.”

Ich: “Ja was denn jetzt?”

Er: “Ja wissen Sie, wenn viele Menschen zusammenarbeiten, versteht man schon mal was falsch. Und wenn Herr x Ihnen sagte, das Gras sei blau, dann meinte er eventuell auch türkis. Mehr so … grüntürkis. So wie ich das ja von Anfang an gesagt habe.”

Ich: “Sie haben doch vorhin noch …”

Er (redet einfach weiter): “Es war ja nicht alles falsch, was Sie geschrieben haben. Das türkis ist ja sehr grünlastig. Von weiter weg könnte man, bei flacher Sonneneinstrahlung und wenn die Venus im vierten Siloturm steht, auch meinen, es sei grün.”

ich: “Sie sagen jetzt also, das Gras ist grün?”

Er: “Sie verstehen das halt nicht. Es ist ja grün, natürlich ist es grün. So schlecht war Ihr Text ja nicht. Das sagte auch der Experte, der mein Gutachten geschrieben habe. Grün. Sage ich ja schon lange. Mir glaubt ja keiner.”

Ich: “…”

Insofern … morgen ist ein neuer Tag. Ich werde aufstehen und aus dem Fenster linsen und gespannt sein, welche Farbe mein Gras hat. Und morgen Abend verabschiede ich mich für zwei Wochen von Grasgutachtern und Farbwahrnehmungen. 😉

 

 

Kind, Karriere und die Kunst des Glücklichseins

Manchmal gibt es lustige Zufälle. Ich wollte über meine Woche schreiben und darüber, dass ich die drei Tage in der Redaktion echt völlig in der Arbeit versunken war. Da ruft die liebe Sabrina von Mamihelden  zur Blogparade zum Thema Kind und Karriere auf.

Karriere? Ich stolpere über das Wort ein bisschen. Karriere hat für mich immer mit Aufstieg zu tun. Sich alle zwei Jahre zu verbessern und die berühmte Leiter hinauf zu klettern. Es mag unambitioniert klingen – aber ich will nirgends hin steigen. Ich will genau das tun, was ich seit Mai (wieder) tue: Schreiben.

Was zunächst mit zwei ganzen und einem halben Tag begonnen hat, habe ich jetzt auf drei ganze Tage ausgeweitet und noch keinen Tag bereut. Wir haben das Glück, zwei mal zwei Großeltern zu haben, die in der Nähe sind und die Kleine gerne vom Kindergarten holen, bekochen und bespaßen.

Das ermöglicht es mir, am Dienstagmorgen in den Workflow einzutauchen und mich am Donnerstagabend wieder ausspucken zu lassen. Meine Arbeitszeiten sind dabei schlecht kalkulierbar. Ist wenig los und werden wir zügig fertig, ist Feierabend um halb sieben durchaus machbar. Stehen Abendtermine an oder ist sonst eben viel zu tun, dauert es. Wenn Gemeinderatssitzungen sind, über die wir abends noch für die folgende Printausgabe schreiben, wird es hingegen auch mal elf und somit fast halb zwölf bis ich nach Hause komme. In der Regel hat mein Mann dann die Kinderbetreuung längst übernommen und die Kleine ins Bett gebracht. Dafür fange ich dann am anderen Morgen nicht vor halb zehn an und habe so morgens locker Zeit, mit meiner Tochter entspannt zu frühstücken und sie in den Kindergarten oder zu Oma zu bringen. Dazu kommt, dass ich einen Chef habe, der selbst Kinder hat und schon in Teilzeit gearbeitet hat. Er sagte neulich, wenn es mal schwierig würde, könne ich die Kleine auch mal mitbringen. Eine Option, von der ich noch nie Gebrauch machen musste. Aber gut zu wissen, dass es ginge.

Das schlechte Gewissen melde  t sich bei mir so gut wie gar nie. Ich weiß mein Kind gut betreut und bin mir durchaus bewusst, dass ich nicht die einzige Bezugsperson bin, die meinem Kind gut tut. Die Omas und Opas haben großen Teil daran, dass die Kleine vielseitigen Input hat. Die eine Oma tobt gerne im Garten herum, die andere gehört mehr zur Fraktion Bastelfee. Auch im Kindergarten gab es noch nie Probleme. Sie geht vom ersten Tag an gerne und auch der Abschied war noch nie ein Drama.

Schwierig ist es nur, wenn ich zwar spät nach Hause komme, aber die Kleine noch auf ist. Dann will sie bei mir sein und nicht ins Bett. Wenn sie dann bockig ist und mir an den Kopf wirft, ich hätte NIE Zeit für sie, dann ist das schon hart. Andererseits haben wir durch meine drei vollen Arbeitstage ein Ritual entwickelt, das wir beide sehr genießen: Freitags und Montags nehmen wir uns sehr bewusst Zeit füreinander. Wir gehen zusammen einkaufen, sie hilft mir kochen, wir spielen Memory, machen Waldspaziergänge oder basteln zusammen.

Ich habe nicht das Gefühl, nicht zu genügen. Weder im Job noch daheim. Ich habe das große Glück, beides ohne Reibungsfläche unter einen Hut zu bringen und mich jeweils zu 100 Prozent einbringen zu können. Ich lasse mich ganz bewusst mit all meiner Hingabe auf den jeweiligen Tag und seine Aufgaben ein und genieße es sehr sehr sehr, wieder unter Leute zu kommen, den Kopf zu benutzen und meiner Berufung nachgehen zu dürfen. Ich mache beides mit vollem Einsatz und es füllt mich absolut aus. Wenn man das Karriere nennen mag, dann ist es wohl so. Mamakarriere und Jobkarriere – wenn man den goldenen Weg findet, funktioniert beides.

Ich würde jeder Mama raten, ihre Bedürfnisse zu achten und sie nicht völlig dem Kind unterzuordnen. Ein Kind braucht eine Mama, die zufrieden ist. Dafür muss sie ihren eigenen Weg finden und der ist individuell und dann richtig, wenn er sich gut anfühlt. Und noch ein Tipp zum Schluss: Andere Lebensmodelle gelten zu lassen gehört für mich absolut dazu. Die schlimmsten Kritiker von arbeitenden Müttern sind oft andere Mütter, die ihren Vollzeit-Mama-Weg als einzig richtige Lebensform betrachten. Mit Akzeptanz, Toleranz und gegenseitiger Stärkung wäre vielen geholfen.

 

 

Daily business – wie bestellt und nicht abgeholt.

Die meisten meiner Tage sind “Jippieee und yeeeahhh”. Ich stehe motiviert auf, quatsche gut gelaunt ein morgenmuffeliges Kind in frische Klamotten und ringe ihm eine Runde Zähneputzen ab, bringe es in den Kindi oder zu Oma und starte in einen Arbeitstag voller Höhen und … Höhen.

Heute war eher so “Och. Joa.” Ich stand motiviert auf, bugsierte das muffelige Kind in frische Klamotten, rang ihm das Versprechen ab, aufgrund der fortgeschrittenen Zeit bei Oma die Zähne zu putzen nach dem Frühstück, das ich ihm eingepackt hatte.

Und dann nahm der Tag so seinen Lauf. Ein Artikel, den ich nach Rücksprache mit der zuständigen Behörde geschrieben habe, hat nicht den Vorstellungen der Tippgeberin entsprochen. Ungefähr um 180 Grad nicht.

Beim  nächsten Termin wollte mein Gegenüber eigentlich den Artikel selbst verfassen, mindestens aber alles korrekturlesen dürfen. Nicht weil er an meiner Intelligenz zweifle, sondern weil die Sache halt echt kompliziert sei. Danke auch.

Am Nachmittag wurde ich zu einem Termin bestellt. Treffpunkt 14.30 Uhr an der Pforte. Ich war zehn Minuten zu früh und wartete auch noch zehn Minuten länger. Trotzdem kam keiner. Ende vom Lied: Ich war bestellt aber nicht abgeholt worden und das Pressegespräch musste nochmal von vorn begonnen werden. So isses dann halt.

Als endlich langsam Ruhe in die Redaktion einkehrte, schrieb ich noch eine Geschichte vom Stapel, die mir keine Ruhe lässt sonst. Dann besorgte ich Brötchen, räumte eine Spülmaschine aus, bezog das Bett frisch und beschloss, dass der morgige Tag eine neue, weiße Seite im Buch ist. Und wehe da sudelt mir jetzt einer drauf rum.

Mehr Momentchen bitte!

Die dritte Arbeitswoche ist um. Es verging noch kein Tag, auf den ich mich nicht gefreut und den ich nicht am Abend im Rückblick als toll empfunden hätte. Ich habe neben ein paar anderen Dingen einen Monstertext fabriziert, den mein Lieblingskollege mit einem dicken “HÄ???” versehen, ihn aber insgeheim doch verstanden hat. Auch mein Chef, den ich ums Gegenlesen gebeten hatte, meinte grinsend, ich möge doch in Zukunft etwas anspruchsvollere Texte schreiben. Ironie aus Und dann hat schließlich noch ein Mann vom Fach einen Blick darauf geworfen und mir bestätigt, dass ich die durchaus komplizierte Sachlage “sehr gut auf den Punkt gebracht” hätte. Also kann man es wohl lassen. 

Und auch sonst lichtete sich das Chaos, das ich zu Beginn der Woche mit verschobenen Arbeitstagen und privaten Terminen selbst geschaffen hatte. „Mehr Momentchen bitte!“ weiterlesen

Es braucht nicht viel …

Ich habe heute einen Satz aus dem Vormittag mitgenommen, der mich unbewusst schon den ganzen Tag begleitet. Ich arbeite an einer Seite zu einem Thema, das mich selbst sehr beschäftigt, auch wenn es noch in weiter Ferne liegt für mich persönlich. Im Rahmen eines Hintergrundrecherche-Termins hat mir heute jemand gesagt “In Deutschland muss niemand verhungern. Viel schlimmer ist die gefühlte Armut.” Er hat es noch ein bisschen ausgeführt: Sich spontan diese eine Bluse nicht kaufen zu können, den Kinobesuch auf unbestimmt verschieben zu müssen, den Kindern erklären zu müssen, warum das Malbuch oder die CD nicht drin ist. Wenn die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht mehr möglich ist, ist die Armut angekommen. Auch wenn deswegen keiner in Fetzen zur Schule muss und kein Magen knurrt. „Es braucht nicht viel …“ weiterlesen