Über Perfektion, Konsequenz und den Rehpinscher in mir

In Anlehnung an den gestrigen Laufpost noch ein paar Gedanken zur eigenen Entwicklung, weil ich auf vielen Kanälen gefragt wurde, woher ich die Motivation nehme, die Zeit und wie ich mich immer wieder überwinde. Die Wahrheit ist – gar nicht.

Ich überwinde mich nicht zum laufen, denn das würde bedeuten, ich müsste mich irgendwie zwingen, ständig an mir arbeiten, meinen inneren Schweinehund überwinden. Die Wahrheit ist: Mein innerer Schweinehund ist kein Berner Sennenhund, sondern maximal ein mickriger Rehpinscher (sorry, alle Rehpinscherbesitzer).

Mein Willen, einer einmal gefällten und für gut befundenen Entscheidung zu folgen mit allen Konsequenzen ist viel, viel größer. Es war kein “och nö, schon wieder ne Stunde draußen sein”, es war immer ein “yes, eine Stunde me-time”-Gefühl.

Willst du es oder willst du es nicht?

Vielleicht liegt es daran, dass ich einen extrem festen Willen habe, grundsätzlich wohl zu den diszplinierten und fleißigen Menschen gehöre oder einfach unter keinen Umständen hätte klein beigeben wollen. Ich selbst habe auch keine einzige Sekunde daran gezweifelt, dass ich mein Vorhaben umsetze.

Weil ihr aber vielleicht anders gestrickt seid, als ich, hier drei Tipps, die Euch eben so gut zum Ziel bringen. Das eine ist eine Form der Visualisierung. Die Methode ist mir in Fleisch und Blut übergegangen, trotzdem staune ich immer und immer wieder, wie gut sie funktioniert und mein Leben wie durch Zauberhand steuert und erfüllt.

Während viele im Januar vermutlich den unfassbaren Berg vor sich sehen, die Aufgaben, die das neue Jahr mit sich bringt (ob 1000 gelaufene Kilometer oder der Umzug in eine neue Wohnung, der ansteht, oder der neuen Job oder das neue Kind oder oder, you get the point), sehe ich das Ende. Ich sehe das Ziel und male es mir bis ins kleinste Detail aus. Ich habe mir in den leuchtendsten Farben vorgestellt, wie es wohl sein wird, wenn ich die Ziellinie überquere und angekommen bin.

Die Freude war bei Kilometer eins genau so groß wie bei Kilometer 289 und 524 und 998. Das Bild vom Ergebnis hat mich getragen, das ganze Jahr hindurch. Und so trägt mich diese Art der Visualisierung auch durchs ganze übrige Leben. Sie hat mir den Job meines Lebens (zurück-)gebracht (wie ich mit Stress in der Redaktion umgehe, habe ich übrigens hier mal aufgeschrieben) und auch sonst alles, was ich mir von Herzen gewünscht habe. Für die einen ist es Zauberei, für andere unverschämtes Glück, für mich ist es das logische Ergebnis meines naturgegebenen und unumstößlichen Vertrauens, dass sich am Ende alles für mich fügt und gut wird. Oder sogar noch viel besser. Weil ich es mir herbeidenke, so stur und unabrückbar, dass der Kosmos gar keine andere Wahl mehr hat.

Konsistenz statt Sprint

Der zweite Trick ist die Stückchen-Methode. 1000 Kilometer hört sich irre viel an, aber niemand muss die bis zum nächsten Sonntag geschafft haben. Deshalb mein Tipp: Ein Fuß vor den anderen, heute ein bisschen, morgen ein bisschen, Pausen sind erlaubt und nötig. Nur aufgeben ist nicht.

Wer einmal begriffen hat, dass die Konsistenz viel wesentlicher ist als einzelne Rekorde, tut sich mit dem Leben leichter. Der Wäscheberg scheint unendlich groß? Dann läuft heute halt mal eine Maschine, morgen die dunkle Wäsche, einen Korb zum zusammenlegen gibt’s zum Tatort. Niemand bewältigt gerne unvorbereitet und ad hoc eine Alpenüberquerung, aber drei Maulwurfshügel überfordern dich auch nicht pro Tag. Und irgendwann ist diese Routine so in Fleisch und Blut übergegangen, dass es von selbst läuft. Also doch ein bisschen wie Zauberei.

Hingabe für die Aufgabe

Der dritte Rat ist der Fokus auf dem Moment zu belassen. Egal ob ich grade laufe oder koche oder einkaufe oder Schlafanzüge zusammenlege oder an einer Reportage arbeite: Der Trick ist Hingabe. Was ich in dem Moment tue, genau das tue ich. Und sonst nichts. Und wenn ich mich für eine Aufgabe entschieden habe, dann mache ich sie so perfekt ich kann. Ich habe mein Handy beseite gelegt, während ich hier sitze und tippe.

Meine Aufmerksamkeit gilt Euch und diesem Text, alles andere wartet grade. Ich gehöre nicht zu den perfekten Hausfrauen, die ehrliche Freude am Abwasch haben und jedes Jahr Marmelade einkochen, 25 Sorten der perfektesten Plätzchen backen und ein strukturiertes und sortiertes Vorratsregal haben. Ich bin mehr so Team Durchwursteln.

Aber eben weil ich keinen großen Spaß an Hausarbeit habe, mache ich sie zum Trotz mit Hingabe. Und wenn ich dann eine Schublade im Wäscheschrank aufziehe, die Marie Kondo vor Neid erblassen ließe, dann kann ich mich daran doch freuen. Ich tu’s für mich. Und deswegen mit Hingabe und so perfekt ich eben kann. Wenn ich also laufen gehe, dann bewusst. Ich höre die Vögel, kann mittlerweile Eichelhäher und Bussard am Ruf unterscheiden, ich rieche feuchte Erde und gemähtes Gras und ich rieche sogar den Regen gern. Wenn ich nach meiner Stunde zuhause ankomme, war ich nicht nur eine Stunde unterwegs, meine Gedanken hatten auch Auslauf und ich komme frisch und erholt daheim an. Ihr seht also, gar keine Überwindung nötig, ist Wellness für den Kopf.

Das Ziel vor Augen, Schritt für Schritt und konzentriert auf den einzelnen Moment – das ist die Zauberformel. Wenn das bei mir funktioniert, dann tut es das bei Euch auch. 🙂 Ausprobieren!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert