1000 Fragen! Heute gibt’s die ersten 40 Antworten über mich.

Als ich neulich mit einer Freundin über die Zeit vor Hannah plauderte, ist mir etwas bewusst geworden: Entweder ich werde tatsächlich vergesslich, oder die Zeit, die ich ohne Kind erlebt habe, verblasst zusehends. Die Geburt meiner Tochter war ein Lebenseinschnitt, der mein Dasein in eine Zeit davor und eine Zeit seither einteilt. Es ist nicht allein die Tatsache, dass ich früher samstagabends nicht um elf gähnend auf der Couch saß, aber auch. Ich weiß noch gut, wie ich in der Klinik kurz nach der Entbindung ein Gespräch mit meiner Zimmernachbarin hatte, die einen Tag vor mir ihr zweites Kind zur Welt gebracht hatte. Es war Samstagabend und sie sagte “Oh, heute kommt Wetten, dass?. Guckt ihr das auch immer?” Und ich sagte: “Bisher waren wir nie daheim am Samstagabend, sondern immer mit Freunden unterwegs.” Sie guckte kurz irritiert, dann lachte sie: “Stimmt, ich habe ganz vergessen, wie das mal war ohne Kinder.”

Also bin ich heute jemand anders als noch vor fünf Jahren. Aber Wer bin ICH eigentlich noch, seit ich Mutter bin? Genau diese Frage stellt sich Johanna vom Blog Pinkepank.

Diese und noch 1000 weitere. Und ich nehme die Idee gerne auf und beteilige mich an ihrer Sammlung. Weil ich erst ein bisschen später auf die tolle Aktion aufmerksam geworden bin, beantworte ich die ersten 40 Fragen auf einmal.

Ihr holt Euch also jetzt am besten eine Tasse Tee oder Kaffee, geht noch mal schnell aufs Klo und macht’s Euch gemütlich. Das dauert nämlich. Bereit?

Los geht’s!

1 Wann hast du zuletzt etwas zum ersten Mal getan?

Vermutlich gestern. Ich habe noch nie einen wildfremden Mann im Supermarkt angequatscht. Aber gestern stand ich relativ ratlos vor dem Regal mit den Putzmitteln. Ausgerechnet DER Badreiniger war zwar noch zweimal vorhanden, stand aber im obersten Regal ganz hinten. Meine 1,60m plus 9cm Absatz haben nicht ausgereicht. Und ich wollte ungern in das Regal klettern. Wer mich früher m Sportunterricht beobachtet hat, weiß, warum. Also habe ich mich mit Korb und Kind an der Hand auf die Suche nach einem Mitarbeiter gemacht. Kennt ihr das? Wenn ihr an ein Regal wollt, stehen da drei Verkäufer davor und räumen Ware ein. Wenn ihr einen Verkäufer sucht, sind die Gänge leer, als wäre ein atomarer Regen niedergegangen. Irgendwann fasste ich mir ein Herz und sprach den nächstbesten großen Mann an, der mir begegnete. Er war sehr hilfsbereit, bekam ein bisschen rote Wangen und überreichte mir den Badreiniger. Winwin, irgendwie.

2 Mit wem verstehst du dich am besten?

Am besten? Schwierig. Natürlich habe ich ein gutes Verhältnis zu meinem Mann. In den wesentlichen Lebensfragen ticken wir gleich, manchmal haben wir aber auch völlig unterschiedliche Ansichten. Dann gibt es noch meine weltallerbeste Freundin, zu der ich seit Jahrzehnten einen guten Draht habe. Außerdem habe ich ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Auch hier gilt: Wir sind uns im wesentlichen einig, auch wenn uns ein paar Ansichten trennen. Aber das Grundverständnis füreinander ist natürlich da.

3 Worauf verwendest du viel zu viel Zeit? 

Gute Frage. Vermutlich käme ich morgens 20 Minuten früher aus dem Bett, würde ich nicht erst das halbe Internet leerlesen. Viel zu viel Zeit würde ich das aber nicht nennen. Es ist viel Zeit. Aber ich bestimme darüber. Eigentlich verwende ich für nichts zu viel Zeit. Die Zeit, die ich aufbringe für Dinge, nehme ich mir ziemlich bewusst dafür und empfinde sie als richtig.

4 Über welche Witze kannst du richtig laut lachen?

Über gute, die mich überraschen und die ich noch nie gehört habe. Ich lache auch gern über mich selbst.

5 Macht es dir etwas aus, wenn du im Beisein von anderen weinen musst? 

Das kommt sehr darauf an, wer dabei ist und warum ich weinen muss. Wenn ich im Kino sitze und hemmungslos bei Pixar-Filmen in mein Taschentuch schneuze, dann ist mir das nicht peinlich. Im Grunde sind Tränen einfach ein Zeichen von Gefühl. Ein Ventil für eine Empfindung. Und während ich grade so darüber nachdenke, … nein, ich glaube, es gibt keine Situation, die mir richtig unangenehm wäre. Wenn ich vor Kollegen weinen müsste, würde es dafür einen Grund geben. Wenn ich im Streit weinen muss, gibt es dafür einen Grund. Selbst wenn es als Zeichen von Schwäche gewertet würde – so what? Das bin ich dann in dem Moment offenbar.

6 Woraus besteht dein Frühstück?

Ich versuchte lang ein gutes Vorbild für meine Tochter zu sein und mir das Essen am Morgen anzugewöhnen. Manchmal kann ich das mittlerweile, dann gibt es Birchermüsli mit frischem Obst oder Schokomüsli mit griechischem Joghurt oder sowas. Aber meistens bleibt es für mich beim Kaffee. Ich kann um zehn dann dafür schon ziemlich zulangen.

7 Wem hast du zuletzt einen Kuss gegeben? 

Meiner Tochter auf die Haare, grad vorhin.

8 In welchen Punkten gleichst du deiner Mutter?

Da gibt es wohl ein paar. Wir sind beide absolut konsequent. Ein wohlüberlegtes Nein ist ein Nein, bleibt ein Nein, ist kein Vielleicht und kein Jein. Mittlerweile spüre ich immer mehr, dass mir ihr Minimalismus und ihre Ordnungsliebe auch in den Genen steckt. Und nicht zuletzt habe ich meine Schlagfertigkeit definitiv von Mama.

9 Was machst du morgens als erstes?

Das Internet leerlesen. Mails, Whatsapp, Facebook-Nachrichten checken.

10 Kannst du gut vorlesen? 

Meine Tochter findet, ja. Ich liebe es, den Bären Dr. Brumm mit tiefer Stimme und seinen Goldfisch Pottwal mit einer ganz piepsigen sprechen zu lassen.

11 Bis zu welchem Alter hast du an den Weihnachtsmann geglaubt? 

Ich verstehe die Frage nicht. Wer zweifelt an der Existenz des Weihnachtsmanns?

12 Was möchtest du dir unbedingt mal kaufen? 

Die Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten. Vermutlich, weil ich mit den kleinen Freuden des Alltags maximal glücklich bin und gar nicht so sehr an Materiellem hänge. Aber vielleicht irgendwann ein Paar Jimmy Choos. (Das sind Schuhe.)

13 Welche Charaktereigenschaft hättest du gerne? 

Ich glaube, mir fehlt keine. Ich könnte vielleicht manchmal etwas mehr Geduld aufbringen.

14 Was ist deine Lieblingssendung im Fernsehen? 

Auch schwer zu sagen. Das Einzige, worauf ich mich wirklich freue, ist der Münsteraner Tatort. Viele finden ihn extrem klamaukig und albern, ich mag das Ermittlerduo Thiel und Boerne einfach sehr gern. Ansonsten gucken wir sehr sporadisch und recht wahllos fern. Ah, ich mag die Fixer-Upper-Folgen, die ich mal zufällig auf sixx entdeckt habe. Könnte ich mir mal wieder angucken.

15 Wann bist du zuletzt in einem Vergnügungspark gewesen? 

Das ist geschätzt 15 Jahre her. Mein Mann und ich waren im Europapark. Ich erinnere mich nur noch daran, dass wir am Ende wie zwei ermattete Rentner mit der Milka-Bahn durchs Gelände getuckert sind. Irgendwie gibt mir das nichts.

16 Wie alt möchtest du gerne werden? 

So alt, dass ich zufrieden sagen kann – es ist gut jetzt.

17 An welchen Urlaub denkst du mit Wehmut zurück? 

An den letzten, weil er sehr eindrucksvoll war. Wir haben uns zwei Wochen lang in die Fjorde und durch die Sunde Norwegens schippern lassen. Bergen und Trondheim stehen seither auf der Wiederholungsliste. Außerdem habe ich da ein Rentier gestreichelt und das war wirklich eine sehr spezielle und schöne Erfahrung. Auch wenn es arschkalt war.

18 Wie fühlt sich Liebeskummer für dich an? 

Ich bin da ein bisschen unbeholfen, weil ich noch nie in meinem Leben welchen hatte. Klingt zwar komisch, ist aber so. Die Jungs, die ich spannend fand, fanden mich doof. Die Jungs, die ich doof fand, fanden mich spannend. Bis ich mit 19 über meinen Mann stolperte, mich am ersten Abend verliebte und ihn zehn Jahre später heiratete. Ich habe nie Kummer gehabt wegen einem Mann.

19 Hättest du lieber einen anderen Namen? 

Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe … in den Achtzigern war die zarte Nicole mit ihrer weißen Gitarre DAS deutsche Wunder. Und vermutlich heiße ich so, weil der Name damals modern war. Ich kann damit leben und finde Nicole sehr in Ordnung. Mit zweitem Namen heiße ich Jasmin, was mir fast besser gefällt, aber es ist eben wie es ist. Als Kind wollte ich übrigens Penelope oder Dorothee heißen. Ich bin heute über Nicole sehr glücklich.

20 Bei welcher Gelegenheit hast du an dir selbst gezweifelt?

Oh, schon öfter. Vor allem während meiner Ausbildung im Volontariat. Ich hatte ganz oft das Gefühl, ich bin zu doof für diesen Job. Wie sich das verändert hat, habe ich hier neulich erzählt.

21 Ist es wichtig für dich, was andere von dir denken?

Hier kann ich mit gutem Gewissen sagen – nein. Sagen wir so – wenn damit gemeint ist, ob es mir wichtig ist, was mein Chef von meiner Arbeit hält – dann natürlich schon. Ich würde mir wünschen, dass er mir die Dinge, mit denen er unzufrieden ist, erklärt. Und nicht einfach denkt – “meine Güte, die hat das auch nicht im Griff.” Auch wenn ich aus dem Haus gehe und mein Mann findet, dass mein Rock zu kurz ist – der darf mir das zumindest sagen. Soll er sogar. Aber wenn mit “andere” wirklich Außenstehende gemeint sind – dann nein. Es ist mir völlig wurscht, was die Nachbarn, andere Eltern, die Frau hinter der Tanstellenkasse von mir denken. Umgekehrt – warum sollte mich das interessieren? Sie leben nicht mein Leben, sie sind nicht ich, sie wohnen nicht hier. Es gibt kaum etwas, was mich so wenig beeindruckt, wie ihre Gedanken über mich.

22  Welche Tageszeit magst du am liebsten? 

Ich lebe furchtbar gerne. Morgens, mittags, abends. Ich mag den Vormittag, weil ich da (wenn ich mal den ersten Kaffee intus habe) frisch und voller Tatendrang bin. Weil ich gleich viel erledigen kann, Wäsche machen, einkaufen oder zur Arbeit gehen.  Ich mag die Mittagszeit, weil es etwas zu Essen gibt (und ich schon mal eine Art Zwischenbilanz des Tages ziehen kann) und ich mag den Abend, wenn wir alle hier zur Ruhe kommen, den Münsteraner Tatort gucken und einen Teller Obst veputzen. Wenn der Ofen bollert und wir uns Kerzen anzünden und mit Hannah eine Runde “die verrückte Wettermaschine” spielen. Eigentlich habe ich keine Lieblingstageszeit.

23 Kannst du gut kochen? 

Wartet, ich frage mal.

Mein Mann sagt, ja. Vermutlich traut er sich nichts anderes zu sagen. Aber vielleicht kriege ich es wirklich ganz gut hin. Ich hab ja nen Thermomix und wie wir alle wissen, ist das ein unnötiges und überteuertes Gerät, das nur Frauen benutzen, die nicht kochen können. *Ironie off*

Über Ernährung habe ich schon ganz viel geschrieben und ich freue mich immer wieder, dass ihr meine Rezepte ausprobiert und genauso mögt wie ich. Insofern kann die breite Masse nicht gaaaanz daneben liegen, ne? Und der beste Indikator ist immer noch mein Kind, das neulich sagte: “Mamas Essen ist das allerbeste auf der ganzen Welt.” Noch Fragen?

24  Welche Jahreszeit entspricht deinem Typ am ehesten?

Ganz eindeutig der Frühling. Ich mag den Winter nicht, weil ich mit Schnee und Kälte nichts anfangen kann. Mit extremer Hitze übrigens auch nicht, ab 30 Grad funktioniere ich nur noch auf Sparflamme und möchte den ganzen Tag jammernd im Keller sitzen. Und der Herbst hat zwar schöne Seiten, aber oft auch etwas Melancholisches. Im Frühling hingegen erwacht die Natur, alles wird neu und frisch und grün. Gibt es etwas Schöneres?


25  Wann hast du zuletzt einen Tag lang überhaupt nichts gemacht? 

Letztes Jahr im Februar. Da hatte ich Magen-Darm-Grippe und lag den gesamten Tag im Bett. Außer Spucken und Leiden war nichts drin. Aber sonst erinnere ich mich an keinen Tag, an dem ich überhaupt nichts gemacht habe. Das entspricht auch überhaupt nicht meinem Naturell, ich liebe es, produktiv zu sein. Und wenn ich mal wirklich Urlaub habe, dann vertiefe ich mich in Kardamom und Kümmel.

26  Warst du ein glückliches Kind? 

Wieso warst? 🙂 Ich bin’s noch immer. Spaß beiseite, ich war ein glückliches Kind. Ich hatte immer alles, was ich brauchte. Ich hatte Eltern, die mir zwar nicht alles kaufen konnten

oder wollten, aber die mich liebevoll zur Selbstständigkeit erzogen haben, die meine musische und kreative Neigung erkannt und gefördert haben und mich in meiner Jugendzeit auf meinen ersten Schritten in Richtung Journalismus unterstützt haben. (Lieber Papa, Du hast mich an vielen Wochenenden zu Kirchenkonzerten und zu Kinderartikelbörsen gefahren und begleitet, dafür bin ich dir noch heute dankbar.)

27 Kaufst du oft Blumen?

Oh ja. Ich habe einen ausgeprägten schwarzen Daumen. Alle Topfpflanzen, die in unserer Wohnung überleben, tun dies dank meines Mannes. Ich bin froh, dass mein Kind sprechen kann und mir mitteilt, wann es Hunger und Durst hat, sonst … hm.

Deswegen kaufe ich mit großer Begeisterung Schnittblumen. Die wirft man nach einer Woche ohne schlechtes Gewissen in die Biotonne. Weiße Blumen aller Art sind hier eigentlich immer. Zur Zeit Tulpen, eine Vase mit sich langsam öffnenden Kirschblütenzweigen und eine weiße Amaryllis. Absoluter Blumenfavorit: Weiße Rosen. Schon immer.

28 Welchen Traum hast du?

Ich habe darauf auch nach längerem Grübeln keine Antwort. Die Frage ist so groß und allgemein, dass ich nichts konkretes damit anfangen kann. Wenn ich mir etwas sehnlichst Wünsche, dann setze ich es um. So bin ich in meinem Traumberuf gelandet und habe mir ein Klavier zugelegt. Einen Traum, der unerreichbar ist, habe ich nicht.

29  In wievielen Wohnungen hast du schon gewohnt?

Elternhaus mitgerechnet in vieren. Ein kurzer Abstecher hat mich nach Neu-Ulm verschlagen, zwei Jahre wohnte ich in einer Jugendstilvilla in Riedlingen, vor 15 Jahren bin ich mit meinem Mann zusammengezogen.

30  Welches Laster hast du?

Schuhe, sagt mein Mann. Was sind schon 75 Paar, sage ich.

31  Welches Buch hast du zuletzt gelesen?

Ich lese es noch: Die Macht der Gewohnheit. Es ist großartig und spannend und erklärt mir viel über mich selbst.

32 Warum hast du die Frisur, die du jetzt trägst?

In den Neunzigern fand ich die Sängerin von Roxette bildhübsch. Sie hatte hellblonde, wilde, kurze Haare. Ich hatte mausbraune lange. Als ich mich zu einem Kurzhaarschnitt hinreißen ließ, wurde daraus ein ziemlicher Topfschnitt und ich ähnelte der Sängerin von Roxette in etwa so sehr wie Mireille Matthieu in brünett. Heute sind meine Haare sehr hellblond und kurz und wenn ich will, style ich sie wie die Sängern von Roxette damals. Ich habe die Frisur also deshalb, weil sie zu mir gehört. Weil ich schon vor 20 Jahren wusste, dass ich das bin. Dabei habe ich übrigens gerne und viele Umwege eingeschlagen. Ich hatte Haare bis zum Hintern, ich trug sie schwarz, rot, pink und grün. (Nacheinander) Ich hatte brünette Dauerwellen und eine schwarzen Beinahe-Iro. Es sind nur Haare.

33 Bist du von deinem Mobiltelefon abhängig?

Ja und nein. Habe ich es griffbereit, werfe ich tatsächlich oft einen Blick darauf. Die Macht der Gewohnheit! Ist es im Nebenraum oder ausgeschaltet, ist das für mich aber auch in Ordnung. Eigentlich genieße ich dann sogar die völlige Freiheit. Ist das ein Zeichen von Abhängigkeit oder einfach Zeitgeist?

34 Wie viel Geld hast du auf deinem Bankkonto?

Es ist ok. Luft nach oben ist immer.

35  In welchen Laden gehst du gern?

Ich liebe Buchläden. In keiner Stadt komme ich an einem Buchladen vorbei. Allein schon wegen des Geruchs nach Papier und Teppichboden. Genauso liebe ich zwei kleine Cafés hier in meiner Heimatstadt. In beiden gibt es neben Kaffee und Kuchen auch Tees zu kaufen, Schokoladen, Porzellan und wunderbare Kleinigkeiten.

36 Welches Getränk bestellst du in einer Kneipe?

Ohgott. Wenn das jemand liest. (haha). Ich bestelle tatsächlich zum Essen gerne Wasser. Und wenn wir abends sonst unterwegs bin eigentlich grundsätzlich alkoholfreie Sachen (die ganze Bandbreite von Saftschorle bis zum Heißgetränk). Hin und wieder aber auch einen Cocktail oder einen Hugo. Hat übrigens nichts mit Askese zu tun: Ich mag zum Beispiel überhaupt kein Bier.

37   Weißt du normalerweise, wann es Zeit ist, zu gehen? 

Immer wenn es Zeiiit wär zu gehn, verpass ich den Moment und bliebe stehn … nö, ich glaub, ich geh keinem auf den Wecker und gehe immer dann, wenn es Zeit ist.

38  Wenn du dich selbstständig machen würdest, mit welcher Tätigkeit?

Schreiben oder Bloggen.

39  Willst du immer gewinnen?

Liebe Oma im Himmel, erinnerst Du Dich noch an unsere Nachmittag mit dem Mühlebrett? Wenn ich verloren habe, habe ich vor Wut das Spielbrett vom Tisch geworfen. Wenn ich gemerkt habe, dass Du mich gewinnen lässt, auch. Insofern – ich gewinne schon gerne, aber seit ich ein Kind habe, predige ich auch, dass man verlieren können muss. Es ist doch nur ein Spiel.

40  Gehst du in die Kirche?

Wenn damit gemeint ist, ob ich regelmäßig sonntags in den Gottesdienst gehe – nein. Aber auch hier: Ich komme an kaum einer Kirche vorbei, ohne hineinzugehen. Ich genieße die Ruhe, die Stille, das Sakrale dieses Ortes und kann darin gut mir selbst zuhören.

 

Hat irgendjemand bis hierhin durchgehalten? Ja? Wer Lust hat mitzumachen, findet die Fragen auf Johannas Blog. Auch die nächsten 20 stehen schon bereit, mit denen lasse ich mir jetzt ein bisschen Zeit.

Nochmals ein dickes Dankeschön für diese tolle Aktion!

Jetzt gehe ich mal lesen ….

Boss for one day – everyday

Gestern war ich Chef. Der running gag vom Vortag (echter Chef und drei Kollegen weg, ich allein mit einer Kollegin eines anderen Ressorts, dem Volontär und dem Praktikant = “Morgen ist Nicole der Chef”) hat mich zum Nachdenken gebracht. Bevor ein falscher Eindruck entsteht – ich habe niemanden herumkommandiert, ich hatte keine Peitsche in der Tasche stecken und mir keinen Kaffee bringen lassen. Ich war einfach den ganzenTag als Ansprechpartner gefordert, habe Texte gegengelesen, eigene geschrieben, den Praktikanten zu einem Pressegespräch mitgenommen usw.

Um möglichst seriös wahrgenommen zu werden, habe ich gestern Morgen zu schwarz gegriffen. Schwarze Lederhose, schwarzer Blazer. Ich fühlte mich wohl in der Nichtfarbe und schrieb flapsig in meinen Instagramstatus “Boss for one day”. Viele Kollegen anderer Abteilungen dürften sich gewundert haben. 🙂

Je länger mir diese Formulierung im Kopf herum ging, desto mehr musste ich schmunzeln. Klar, in der Redaktion habe ich sonst nix zu sagen. Ich sage, was ich meine, aber weisungsbefugt bin ich nicht. Das ist völlig in Ordnung.

Aber Zuhause bin ich natürlich jeden Tag der Boss. Und in diesem Zusammenhang ist mir der Artikel von David Eberhard eingefallen, den ich neulich in der Zeit gelesen habe. Er ist überzeugt davon, dass viele Eltern heutzutage Rotzlöffel heranziehen, weil sie ihre Autorität nicht wahrnehmen.

Er schreibt in dem Interview:

Eltern glauben, beste Freunde ihres Kindes sein zu müssen. Sie wagen nicht, ihm zu widersprechen.

Mich wundert das zutiefst. Nicht, weil ich das Phänomenn nicht kenne oder in meinem Umfeld schon beobachtet habe. Sondern weil ich es überhaupt nicht nachvollziehen kann. Womöglich oute ich mich als strenge Mutter, aber es gibt bei uns eine klarer Hierarchie. Erziehung findet liebevoll und mit Augenmaß statt (sieht man einmal davon ab, dass ich schon auch mal im ersten Affekt deutlich sagen kann, was ich nicht in Ordnung finde), aber sie folgt einem Gefüge von oben nach unten. Ich lasse meine Tochter dabei nicht im Dunkeln tappen, was sie falsch gemacht hat. Ich formuliere es so, dass eine Fünfjährige begreifen kann, was gut und was nicht gut ist. Und im Zweifelsfall folgen Konsequenzen.

Beispiel? Neulich hat das Kind bei einer Sammelpunkteaktion eines Supermarkts etliche Schleichtiere bekommen. Man konnte sie dank der gesammelten Punkte günstig kaufen. Gemeinsam mit der Oma ist das Kind unzählige Male dorthin gegangen, um sich ein Tier auszusuchen. Weil es den Pandabären aber nicht mehr gab, habe ich den im Spielwarenladen gekauft. Als Belohnung, weil sie etwas anderes ganz souverän und gut gemacht hat. Die Freude war groß.

Vor zwei Tagen habe ich allerdings entdeckt, dass das Kind die Tiere mit einem blauen Stift bemalt hat. Alle, rundherum. Nun ist das nicht unbedingt dramatisch, möchte man denken. Mich hat es aber geärgert, weil sich die halbe Familie ins Zeug gelegt hat, die begehrten und viel bespielten Tiere zu besorgen und ich der Meinung bin, dass es genug Papier im Haus gibt, auf dem sie sich künstlerisch austoben kann. Ich habe ihr also gesagt, dass ich es ziemlich blöd finde, wenn sie alles anmalt. Und weil der Protest nicht aufgehört hat, habe ich die Schleichtiere konfisziert. Sie werden ein paar Tage oder Wochen von der Spielfläche verschwunden bleiben. Natürlich war das Geschrei groß, aber – oh Wunder – mein Mädchen kam ein paar Stunden später auf meinen Schoß gekrabbelt und sagte, dass sie die bemalten Tiere auch doof findet. Sie erklärte mir, in welchem Zusammenhang sie die Tiere angemalt hatte (aus einem ausgedachten Spiel heraus), hat sich entschuldigt und versprochen, künftig die Stifte nur auf Papier zu benutzen. Für mich war damit ein Denk- und Lernprozess erkennbar. Natürlich bekommt sie ihre Tiere wieder.

Ich habe also gewagt, meinem Kind zu widersprechen. Und ich tue es gefühlt 3947 mal täglich. Schuhe gehören nicht auf den Sitz, Füße nicht auf den Tisch, man isst nicht mit den Fingern, man nimmt am Buffet nicht riesige Mengen, um nachher das meiste stehen zu lassen … all diese Kleinigkeiten sind für mich selbstverständlich. Ich möchte, dass sie für meine Tochter genau so selbstverständlich werden und dafür erkläre ich es ihr.

David formuliert es so:

Die Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern ist immer asymmetrisch. Es ist die Beziehung von Meister und Schüler. Der eine unterrichtet, der andere hört zu. Die Eltern können Dinge besser einschätzen, weil sie mehr Erfahrung haben, mehr wissen. Sie sollten die Regeln machen.

Bevor ihr jetzt aber denkt, ich führe hier ein strenges Kommando – das ist überhaupt nicht so. In diesem Haus wird vermutlich mehr geblödelt und gelacht als in so manch anderem. Ich bin selbst ein großes Kind in vielen Dingen und begreife meine Tochter viel mehr aus dem Bauch heraus als mit dem Verstand. Aber wenn es um die Spielregeln geht, dann ist klar: Die machen die Großen.

Boss for one day – everyday. 🙂

Wie läuft das bei Euch?

Sprich mal wieder!

Vor ein paar Tagen habe ich für unsere Lokalzeitung einen kurzen, launigen Artikel geschrieben über Dialekt. Ich habe ein paar besonders hübsche, dem Schwäbischen absolut eigenen Worte aufgezählt und in dem kurzen Abriss auch erwähnt, dass meine Tochter diese Worte gern und mit Inbrunst gebraucht. Noch nie habe ich so viele Leserreaktionen bekommen, wie darauf. Eine Frau schrieb mir, sie bewundere, dass ich mein Kind mit Dialekt großwerden lasse. Aus ihrer Erfahrung als langjährige Erzieherin könne sie mir versichern, dass Eltern in der sprachlichen Erziehung ihrer Kinder alles unternähmen, sie mit Schriftdeutsch großwerden zu lassen. Dialekt, schwäbisch, Mundart? Verpönt. Der Grund für diese Regeln: Die Kinder hätten es nachher in der Schule viel leichter, wenn sie sich verständlich ausdrücken könnten. Ihre eigene Erfahrung jedoch zeige, dass Kinder, die so “zweisprachig” aufwüchsen wie unsere Tochter, überhaupt kein Problem mit der Sprache hätten.

Es war sicher Zufall, aber in derselben Zeit landete ein Schreiben im Kindergartenfach von Hannah. Eine Pädagogin käme in den Kindergarten und würde sich alle gleichaltrigen Kinder in kurzen Kleingruppengesprächen einmal anhören. So könne man frühzeitig auf eine sich abzeichnende s-sch-Schwäche reagieren. Meine Tochter verkündete, sie gehe da nicht hin. Sie tat es in diesem einen bestimmten Ton, der mir klar machte, dass sie es absolut ernst meint. Ich redete ihr gut zu und versprach eine Überraschung, wenn sie den Termin doch wahrnimmt. Am Ende hat es ein bisschen sanftem, mütterlichem Zwang bedurft, dass wir am Montagnachmittag pünktlich im Kindergarten aufschlugen. Die Kleine war zwar absolut überzeugt davon, dass der Nachmittag mit der Sprachpädagogin vergeudete Lebenszeit ist, aber wenigstens blieb sie. Als ich sie zwei Stunden später wieder abholte, war sie ganz gelassen. Sie hätte Knabberfische durch einen Strohhalm ansaugen sollen, fand das zwar furchtbar albern, tat aber, wie ihr gehießen. Außerdem hätte die Frau mit ihr Memory gespielt.

Am Tag danach nahm die mich die Erzieherin kurz beiseite. Die Sprachexpertin habe abgewunken. Von s-sch-Schwäche keine Spur. Alles wunderbar. Meine Tochter indes bestand darauf, mir dabei zuzusehen, wie ich den Zettel, auf die übrigen Termine vermerkt waren, vor ihren Augen in den Mülleimer werfe. Viel hätte nicht mehr gefehlt und sie hätte ein feierliches Lagerfeuer im Garten verlangt.

Was aber fördert die Sprache der Kinder wirklich? Ich bin kein Experte, finde aber: Reden, reden, reden. Und vorlesen. Ein Kind, das wie nebenbei sprachlichen Input bekommt, wird zum Spiegel seiner Umgebung. Ich stelle das fest, weil Hannah Worte benutzt, die für eine Fünfjährige eher ungewöhnlich sind und deren Herkunft ich bei Omas und Opas vermute. Neulich beispielsweise schnupperte sie an Omas Essen und sagte “Oooooma, das duftet hiiiimmlisch.” Ähnliches dachte sie wohl auch von ihren nackten Füßen, die sie mir abends auf dem Sofa entgegenreckte. Ich verzog das Gesicht und hielt mir theatralisch die Nase zu, aber das Kind sagte “Was denn, was denn, die riechen ganz fabelhaft.” Mein Lieblingswort ist allerdings noch altmodischer: Passiert etwas Außergewöhnliches, kommentiert Hannah es mit “Sapperlot!”

Aber natürlich bleibt es nicht beim häuslichen Dialekt. Wenn ich Bücher vorlese, hört sie Hochdeutsch und auch im Kinderfernsehen (ja, mein Kind darf hin und wieder fernsehen) wird nach der Schrift gesprochen.

Denn nicht nur die direkte verbale Kommunikation scheint die sprachliche Entwicklung eines Kindes zu prägen. Als wir neulich über meine morgendlichen Strubbelhaare auf die Serie “Fraggles” kamen (kennt die noch jemand?) habe ich eine Folge auf youtube gefunden und wir haben sie zusammen angeschaut. Mir ist aufgefallen, dass die Sprache viel anspruchsvoller war, als das, was wir heute im Kinderfernsehen hören. Es ist also auch ganz sinnvoll, nicht nur zu gucken, sondern auch mal genauer hinzuhören, was die Kids so konsumieren.

Wer mal reingucken mal, es war diese Folge:

Ich sage nur: “Fürwahr geliebtes Weib!”

Übrigens schlägt Wikipedia als Synonym für Sapperlot “Leck mich fett” vor. Saperlott mag altmodisch sein, aber charmanter allemal.

Einmal Luft fürn Kopf, bitte – Frei-Zeit im Wortsinn

“Da geht’s lang”. Eine kleine Kinderhand zeigt nach rechts. “Woher weißt Du das?” frage ich. “Das sagt mein Navi”, sagt das Kind. Das “Navi” ist eine Art Taschenlampe in quietschrosa, mit der man Pferdebilder an die Wand projizieren kann. Sie war die Dreingabe irgendeines kitschrosa Pferdemädchenmagazins, das eine argumentationsmüde Mutter eines Tages wohl mal gekauft hat. Heute aber ist sie das Navi und musste unbedingt mit zum Waldspaziergang an diesem unfassbar sonnigen und warmen Oktobersonntag. Freizeit im Wortsinn.

Wir folgen also Hand in Hand schweigend unserem vorausstapfenden und stetig plappernden Navi und schlagen den Weg ein, den uns die Taschenlampe weißt. So ungefähr haben wir im Kopf, wo das Auto steht. Wir werden uns schon nicht komplett verirren. Im grünen Froschrucksack, der auf dem Rücken meiner Tochter umherhüpft, weil sie kaum ein paar Meter normal gehen kann, sondern ständig springt und rennt, befinden sich fürs Überleben bei einer Wanderung noch weitere nützliche Dinge. Ein in pinkes Glitzertuch eingebundenes Tagebuch mit leeren Seiten beispielsweise. “Hast Du überhaupt einen Stift dabei?” fragte ich mein Kind auf der Herfahrt. “Ne, wozu? In meinem Tagebuch stehen unsichtbare Zaubersprüche. Wenn wir einen Pilz nicht kennen, dann fragen wir einfach das Tagebuch!”, erklärt sie. Uns kann also gar nichts mehr passieren heute.

Es passiert aber doch was. Mit jedem Schritt, den ich über den knirschenden Schotter in den Wald hineingehe, lasse ich ein Stück Staub hinter mir. Alltagsstaub, der auch auf mir manchmal liegt. Gestern zum Beispiel habe ich einen ganzen Tag mit Kollegen verbracht. Ohne zu arbeiten aber doch in Arbeit vertieft. Wir haben uns hinter dicken Klostermauern zusammen gesetzt und haben unsere Arbeit reflektiert. Haben zugehört, geredet, gelernt, eine Richtung entwickelt. Der Tag war produktiv, er hat aber auch Kraft gekostet. Trotz allem hat er gut getan. Ich habe meinen Fokus noch besser justiert und sehe einiges noch ein bisschen klarer als bisher. (Wer sich für Medien und Lokaljournalismus interessiert, dem sei der Artikel der Zeit ans Herz gelegt. )

Und während ich mit meiner Familie aus dem Wald heraus wieder in die Sonne wandere, fühlt es sich an, als würden auch meine Gedanken zur Ruhe kommen. Die Woche ist von mir abgefallen. Weil auch der leidenschaftlichste Arbeiter mal Ressourcen auftanken muss. Wir haben uns dafür diesen Sonntag reserviert. Ein reiner Familientag. Vater, Mutter, Kind. Die Abmachung war: Nur tun, wozu wir drei Lust haben. Kein Besuch, keine Verabredungen, keine Hektik, keine Termine, kein Telefon. Wir sind dann mal weg. Und die Auszeit war herrlich: Ich habe den kompletten Vormittag im Schlafanzug verbracht. Ich habe in Ruhe gekocht, wir haben Eis gegessen und Eiskaffee getrunken und waren in eben jenem Wald, der mich so wunderbar heruntergeholt hat.

Ich hatte und habe noch immer das Gefühl, wir haben unseren Waggon ausgekoppelt und ganz langsam auf einem stillen Gleis ausrollen lassen.

Morgen geht’s wieder mit Volldampf weiter. Aber bis dahin bleiben wir noch ein bisschen in unserer äußerst komfortablen stillen Blase.

Genießt Euren restlichen Sonntag!

(PS: Die Tatsache, dass ich diese Zeilen schreibe, ist der beste Beweis, dass das Navi funktioniert!)

Die rehabilitierte Rabenmutter …

Als Eltern kann man ja irgendwie alles. Beim ersten Kind lernt man, wie eine Windel um den Kinderpopo gehört, wie man diese feinen, scharfen Fingernägelchen schneidet, ohne das Kind seiner Fingerkuppen zu berauben, man lernt Müdigkeit und mitunter auch seinen eigenen Geduldsfaden neu kennen.

Was man ebenfalls schnell feststellt: Man kann ganz schön viel falsch machen. Ein Kind zu erziehen heißt nämlich nicht, alles möglichst richtig zu machen. Es heißt schlicht, tagtäglich abzuwägen, was einem am wenigstens falsch vorkommt in einer Welt voller Möglichkeiten.

Dabei hatten wir, als das Fräulein noch inwendig war, von vielen Dingen eine konkrete Vorstellung: Das Kind schläft nicht im Ehebett. Sie wird um acht Uhr abends im Bett sein. Ich stille mindestens ein halbes Jahr. (Wen es interessiert: Die Nachteule, die wir da produziert haben, hatte keinen Bock auf gestillt werden, wohl aber darauf, den Abend MIT Mama und Papa zu verbringen und dann in deren Bettmitte seelig einzuschlummern. Wir haben das irgendwann als unseren Weg akzeptiert und hatten von heute auf morgen das Drama minimiert.)

Was ich dadurch gelernt habe? Ich habe ein Bauchgefühl, das taugt. Gute Ratschläge kamen von allen Seiten aber ich habe sie getrost ignoriert, wenn ich der Meinung war, es passt für uns nicht. Dazu gehörte auch, Angebote einfach auszuschlagen. Und die kommen auf junge Eltern reichlich zu. Ich erinnere mich daran, dass wir plötzlich Rabattheftchen bekamen für die richtigen Windeln, dass Amazon mir Elternratgeber vorschlug (Kunden, die einen Windeleimer bestellten, kauften auch “Jedes Kind kann schlafen”. Soso.), dass die Sparkasse uns eine spezielle Versicherung anpries und so weiter.

Und auch um meine üppige Freizeit sorgten sich plötzlich alle. Babymassagekurse, Eltern-Kind-Feng-Shui, Musikgarten, Zwergentanz, Rhythmische Gymnastik mit Baby und so weiter. Ich tat, was ich in diesen Situationen immer tue: Ich versuchte mich beim Zwergentanz, beim Babymassieren und beim frühkindlichen Babyschwimmen zu sehen, mir vorzustellen, wie ich im Kreis anderer Mütter mit meinem Kleinkind tanzte, es massierte oder im Wasser umherschwenkte. Und jedesmal sagte die Stimme in mir – och … nö.

Gezwungenermaßen, meiner Überzeugung folgend, musste ich so auch immer wieder Fragen anderer Mütter nach unserer Vor- und Nachmittagsgestaltung beantworten. Ich erlebte viele hochgezogene Augenbrauen (“Ach? Kein Elterncafé? Dabei spielen die Kinder so schön miteinander, ist ja so wichtig, der Kontakt mit anderen Einjährigen, dass sie später keine Soziopathen werden” “Babyschwimmen ist total entspannend, ist zwar immer voll der Stress mit An- und Ausziehen und das Maxicosi ist hinterher feucht, aber Calvin-Finn hat immer so einen Spaß, wenn er nach zwanzig Minuten aufgehört hat zu Schreien…”) und fühlte mich gelegentlich dann wie die Rabenmutter, die ihrem Kind jeglichen Sozialkontakt verwehrt und sich später große Vorwürfe machen wird, weil das arme Mädchen ohne Freunde, ohne Rhythmusgefühl und ohne den Hauch einer Chance auf höhere Bildung aufwachsen musste. NUR WEGEN MIR.

Als das derart ungeförderte Kind dann in den Kindergarten kam, stellte sich nach ungefähr zwei Stunden heraus, dass das mit dem Soziopathentum nicht ganz so schlimm werden wird. Sie fasste im Nu Vertrauen zu der jungen Erzieherin und geht von diesem ersten Tag an mit Freude und ohne jegliches Drama in den Kindergarten. Sie trägt das tiefe und absolute Vertrauen in sich, dass sie nie allein gelassen und immer wieder abgeholt wird. Sobald wir den Kindergarten betreten, sucht sie entweder Kontakt zu ihren Freunden (Sie hat welche! No way!) oder zur Erzieherin. Der Abschied ist an 99 von 100 Tagen überhaupt kein Problem, das Sich-Selbst-Bewusstsein fest  und stabil.

Auch das Fernbleiben aus dem musikalischen Zwergen-Ryhthmus-Tanz-Singspiel-Garten scheint keine bleibenden Schäden hinterlassen zu haben. Die Viereinhalbjährige singt in sehr herzigem Minions-Englisch die Charts rauf und runter, so gut, dass Außenstehende den Titel erkennen. Ihre Begleitung am Klavier ist zwar noch ausbaufähig, Rhythmusgefühl ist aber unverkennbar. Außerdem spielt sie Alle meine Entchen fehlerfrei, ohne dass ich es ihr eingebläut hätte.

Was aber haben wir die letzten gut vier Jahre getan an unseren Vor- und Nachmittagen? Ganz einfach – nur, wozu wir Lust hatten. Wir haben uns nicht von Terminen gängeln lassen (Montags um zehn ist Babyschwimmen, ob das Kind da gerade schläft, interessiert nicht – WAS FÜR EIN KRAMPF!), sondern uns jeden Tag nur genau das vorgenommen, was gut für uns war. Hatten wir Lust, zu malen, haben wir gemalt. Wollten wir etwas entdecken, haben wir uns ins Auto gesetzt und uns Städte in der Umgebung angeguckt. Wir sind Waldlehrpfade entlang gewandert, haben Blumen gepflückt, Fachwerkhäuser bestaunt, Museen besucht.

Neulich nahm mich die Erzieherin beiseite und fragte, ob wir uns schon mal überlegt hätten, die Kleine ein Jahr früher einschulen zu lassen, sie stecke in manchen Dingen die kommenden Erstklässler in den Sack.

Ich atmete laut hörbar auf. Die Rabenmutter, die ihrem Kind jeglichen frühpädagogischen Förderschnickschnack eigenmächtig vorenthalten hat, ist rehabilitiert. Ich stellte fest: Man kann ein helles Köpfchen werden, ganz ohne dass die Mutter die kognitiven, musischen, motorischen Fähigkeiten vom ersten Schrei an zu fördern versucht hat.

Ich habe mich mit meinem Mann ausgetauscht und wir haben beschlossen, dass die Kleine nach Plan in die Schule gehen wird. Sie soll Kind sein, sie soll ihre Freiheit und Freizeit haben, so lange unser System das so vorsieht. Früh genug wird ihr ein Raster angelegt, früh genug wird sie öfter müssen müssen als können dürfen. Und sollte sie sich in der Grundschule tatsächlich langweilen (weil der Opa ihr mittlerweile Englischvokabeln beibringt und sie sie glucksend vor Lachen anwendet, wann immer sie ihr in den Sinn kommen zur Verblüffung aller), dann wird meinem Bauch auch dann etwas einfallen, womit wir das arme Kind aus der völligen Unterforderung retten können. Und bis dahin lassen wir es einfach ruhig angehen und tun, was wir immer tun – das, wozu wir Lust haben.

Drei Monate Kindergarten – ein Zwischenbericht

Ihr Lieben, gestern war so ein Tag, an dem ich mir gerne einen Gehörschutz besorgt hätte. Nicht, dass ich meinem Kind nicht gerne zuhörte. Ich liebe es, wenn sie mir morgens erzählt, was sie im Kindergarten alles basteln wird. Ich bin jeden Tag aufs Neue gespannt, welche Splitter aus dem Kindergartenvormittag sie mit mir teilt und was ich erst Tage später (von anderen Mamas) erfahre. Wir singen gerne zusammen, wir lachen und kichern und lesen uns gegenseitig (!) vor. (Ich das was da steht, sie das, was sie glaubt, was da steht.) „Drei Monate Kindergarten – ein Zwischenbericht“ weiterlesen

“Da war Theater in mir”

In den Wortschatz meiner Dreijährigen sind zwei neue Worte eingezogen, die sie mittlerweile täglich beinahe inflationär gebraucht. Sie lauten “Selba!” und “Alleine!” Mit Nachdruck und – bei Bedarf – mit böse funkelnden Augen ausgerufen.

Wenn ich anderen Eltern davon erzähle, lächeln die meisten wissend und sagen mir Dinge wie “Da müsst ihr durch.” “Das ist eine Phase.” “Sie trotzt halt.” Ich bin mir da aber gar nicht so sicher. Also, dass wir da durchmüssen, ist klar. Aber was ist das, dieser Trotz? Stellt sie sich bewusst quer? Sucht sie absichtlich Konfrontation? „“Da war Theater in mir”“ weiterlesen

Falsch, falsch, falsch.

“Hallo liebe Gruppenmitglieder, mein Name ist Frau Venus und ich mache alles falsch.”

Jedenfalls findet mein Kind das. Glaubt ihr nicht? Is aber so. Es fängt schon morgens an. Ich nehme den Kuschelhasen an mich, damit das Kind beide Hände frei hat, um aus dem Bett zu klettern. “NEIN, ICH nehme den Hasi!” Wir sitzen in der Küche, ich richte guter Dinge das Frühstück zusammen. Kaum drehe ich mich um, sitzt da ein kleines, schluchzendes Kind, das das Gesicht hinter beiden Händen verbirgt. Ich sehe Tränen kullern. „Falsch, falsch, falsch.“ weiterlesen

Von Ratschlägen, Meinungen und Supermüttern

Ich habe das Thema schon öfter verbloggt und trotzdem scheint nie alles gesagt zu sein. Mütter sind schreckliche, egozentrische, klugscheißerische Alphatiere. Ich schließe mich da nicht aus. Denn jede Mutter hält ihren Erziehungsstil, ihr Konzept und ihr Kind für das Beste der Welt. Der feine Unterschied besteht lediglich darin, dass es Mütter gibt, die ihr Wissen für sich behalten und Mütter, die ihre Meinung ungefiltert und ungefragt hinausposaunen. Takt scheint eine Eigenschaft zu sein, die der liebe Gott nur sparsam verteilt hat.

Erst neulich wurde mir zu der Entscheidung gratuliert, mein Kind “selbst” zu erziehen. Tenor der Unterhaltung – wozu setzen Frauen Kinder in die Welt, wenn sie es mit einem Jahr abschieben in eine Kita. Mich lassen solche Äußerungen erstmal sprachlos zurück. „Von Ratschlägen, Meinungen und Supermüttern“ weiterlesen

Erziehungsratgeber: Wie man sich gründlich den Tag versaut. Oder eben nicht.

Liebe Eltern, es gibt viele Möglichkeiten, sich den Tag mit Kleinkind so zu gestalten, dass man ihn abends mit dickem Schwarzstift aus dem Kalender streichen will. Daher heute: Wie man sich den Tag mit Kind gründlich verhunzt in wenigen, einfachen Schritten.

Aufstehen und Frühstücken.

Bei uns bietet bereits das Frühstück dafür viel Potential. Das Kind kommt erst nach der fünfzehnten Aufforderung aus dem Bett. Aber es kommt nicht in der Küche an. Dazwischen legt es sich bäuchlings in den Flur und schneidet im dortigen Spiegel Grimassen. Mutter: Atmet zum ersten Mal tief durch. „Erziehungsratgeber: Wie man sich gründlich den Tag versaut. Oder eben nicht.“ weiterlesen