Tobi ist ein toller Mensch. Wenn er lacht, gluckst er vergnügt. Wenn er am Telefon einen Spaß macht, ahnt man das schon, denn er kichert meistens schon bevor er zum Witzemachen ansetzt. Als wir neulich telefoniert haben, war ihm allerdings überhaupt nicht zum Lachen zumute. Er war betrübt, denn Sandra, eine Frau, die er offenbar sehr nett findet, ist für sein Dafürhalten zu schroff mit ihm umgegangen. Er hatte mit ihr gesprochen und ihr gesagt, dass er sie vermisst. Sie hat unwirsch entgegnet, dass sie das “wohl grade noch glaubt”. Für Tobi ist eine Welt zusammen gebrochen. Als er mich angerufen hat, um mir das zu erzählen, hat er deutlich hörbar mit den Tränen gekämpft. Wir haben eine halbe Stunde miteinander geredet und ich habe versucht, ihn aufzumuntern. Wir haben über Sandra geredet und übers Wetter, er hat mir erzählt, was er tagsüber erlebt hat und was es zu essen gab. Dann ging’s ihm wieder besser und er hatte mir versprochen, dass ich ihn auch jederzeit anrufen dürfe, wenn es mir nicht gut geht. Auch nachts um drei, “und das biete ich nicht jedem an!”. Ich fühle mich also dementsprechend sehr geehrt. Vorgestern haben wir wieder telefoniert. Tobi war diesmal gut gelaunt und wollte nur mal hören, wie es mir geht. Das Tolle ist – egal, wie es mir vor seinem Anruf ging, spätestens wenn wir auflegen, habe ich ein Lächeln im Gesicht, bin wieder total geerdet und froh, einen Menschen wie Tobi zu kennen, der nur ganz selten jammert, der eine wunderbare empathische Gabe hat, der weiß, wie man andere zum Lachen bringt. Tobi ist mehrfach geistig und körperlich behindert, hat einen verkrüpelten Körper und ist an seinen Rollstuhl gefesselt. Er kann weder lesen noch schreiben und ist bei fast allem, was er tun will, auf Hilfe angewiesen. Außer beim Telefonieren. Das Telefon ist seine Verbindung zur “Außenwelt”, sein heißer Draht zum “normalen” Leben. Und ich bin mehr als dankbar, dass ich in seinem Telefonbuch so weit oben stehe.