Die Venus schreibt…

Hab ich ja glatt vergessen: Nicht nur Lese- und Malphasen bestimmen mein schöpferisches Tun, auch eine ausgeprägte Schreibephase hatte ich schon. Also, für die, die gerne Kurzgeschichten lesen, dazu noch als Fortsetzungsgeschichte, hier der erste Teil vom “Rosengrab”:

Sie wischte mit der bloßen Hand über das Muster – kleine Fliesen, Scherben. Eine an der anderen. Wenn man direkt davor stand, war es ein gelb-grün-blaues Durcheinander. Sie stand auf, ging die fünf Stufen hinunter und ein paar Schritte den Weg ent-lang. Sie drehte sich um und lächelte. Genau in diese Perspektive hatte sie sich vor vier Monaten verliebt. Die beiden Linden, der schmale Weg. Und an dessen Ende die schöne Mosaiktreppe, die zur Haustür führte. Sie sah nach oben in das grüne Blätterdach, sog die frische Luft tief ein und ging zurück ins Haus. Die Tür ließ sie offen. Die Zeitung, aus dem Briefkasten legte sie zu den anderen auf die Kommode im Flur. Zum Lesen würde sie wieder nicht kommen.

13. Juli 1965
Liebste Marie,
warum tust du mir das an? Ich will dich nicht so sehen. Du sagst, du kannst nicht mehr lachen, willst nicht mehr essen. Willst nicht mehr mit mir leben. Aber du kannst ohne mich nicht leben. Ich sorge für dich. Bringe dir Wasser. Jeden Tag. Ohne mich bist du nichts. Marie, begreife doch, dass wir alles füreinander sind. Hast du vergessen, dass ich dich liebe?
Dein L.

Als sie den Kaufvertrag für die Villa unterschrieben hatte, war
sie voller Tatendrang gewesen. Sie hatte im Kopf den Räumen allerhand Farben und ihren Möbeln immer neue Plätze gegeben. Nun standen ihre Möbel verloren in der Mitte des großen Wohnzimmers, bedeckt mit einer Folie, die bei jedem Windhauch raschelte. Seit zwei Monaten lebte sie aus Koffern und Umzugskartons, stolperte über Farbeimer und Schuhe. Matthias hätte ein solches Chaos gehasst. Er war der Grund, warum Eva der engen Wohnung und der Stadt den Rücken gekehrt hatte. Ein Befreiungsschlag nach elf Jahren. Niemand hatte verstanden, warum sie sich getrennt hatte. Nach außen hin waren sie das perfekte Paar gewesen, sie eine mäßig erfolgreiche Autorin, er Geschichtswissenschaftler. Aber in Wirklichkeit war die Uni seine einzige Liebe gewesen. Matthias war von ihrer Entscheidung zunächst überrascht. Dann hatte er sich damit abgefunden. Für elf gemeinsame Jahre zu schnell, wie Eva fand.

17. Juli 1965
Marie,
er war hier. Er hat nach dir gefragt. Ich habe ihm gesagt, dass du verreist bist. Er wird dich nicht belästigen. Warum sprichst du nur nicht mehr? Warum weinst du nur noch? Ich will dich nicht einengen. Aber du musst begreifen, dass du mein Leben bist. Du hast gesagt, ich halte dich gefangen. Dabei ist es ungekehrt. Ich bin dein Gefangener. Seit dem ersten Tag. Ich habe deinem Drängen nachgegeben. Du hast gesagt, du vermisst die Sonne und deine Rosen. Ich habe dich in den Garten mitgenommen und du hast um Hilfe geschrieen, als wärst du geisteskrank. Aber niemand hat dich gehört. Du hast mich angeschrieen, dass du mich hasst. Das meinst du nicht so. Wann wirst du endlich einsehen, dass du für immer bei mir bleiben wirst? Dein L.

Nachdenklich rührte Eva in ihrem dünnen Kaffee und spürte wieder eine Mischung aus Wut und Enttäuschung in sich aufsteigen. Die lärmenden Elstern im Garten holten sie wieder in
die Wirklichkeit zurück. Matthias war passé. Sie ging durch den
Rundbogen ins Wohnzimmer, öffnete die vier großen Fenster
und auch die Tür, die auf den kleinen, Balkon mit der geschwungenen Brüstung führte. Sie drehte das Radio auf und begann, den weißen Rahmen des ersten Fensters mit Klebeband abzukleben. Gegen Mittag hatte die Sonne die hintere Seite des Hauses erreicht und flutete das Wohnzimmer mit Licht. Eva war gut vorangekommen und trällerte vergnügt. Den Besucher bemerkte sie erst, als sie beim Abkleben auf Knien an der Bodenleiste beim Durchgang angekommen war und neben sich zwei fleckige, ausgetretene Turnschuhe stehen sah…

Fortse

Die Venus malt

Angeregt von einem kurzen Austausch mit marab1 über das Malen und dessen Wirkung – hier sind zwei meiner Werke, eben fotografiert, nicht ganz klar, weil ich zu faul war, sie aus dem Rahmen zu popeln. Beide hängen im Wohnzimmer und sind kurz nacheinander in einer Malphase entstanden. In diesem Zusammenhang fällt mir auf, dass mein Leben aus Phasen besteht. Lesephasen, Malphasen, Musikphasen und nebenbei noch Gammelphasen, die aber sehr kurz ausfallen. Im Moment durchlebe ich die Lesephase. Die 1.578.902.430. wahrscheinlich. Und die werde ich noch voll auskosten. Denn demnächst beginnt die Arbeitsphase wieder.

Hausfrauengewissensbisse…

Liebes Leben,

als Nachschlag zum letzten Eintrag: Ja, ich leide an Hausfrauengewissensbissen. Das ist wohl jenes Gefühl, das sich einschleicht, wenn man einfach nur mal in Ruhe eine Tasse Kaffee auf dem Sofa schlürfen möchte, mit einem guten Buch. Und dabei fällt einem ein, dass man eigentlich dringend mal wieder das Bad sauber machen sollte. Und die Betten sind auch noch nicht gemacht. Wenn mein Gehirn mal kurz Luft holt, überwiegt das “Das-hast-du-dir-ja-wohl-mal-verdient-Gefühl”. Meistens lese ich dann zwei Seiten – jede zweimal, weil mich meine innere Stimme ja dauernd unterbricht – und fange dann doch halbherzig an zu wischen und feudeln. Gibt’s dagegen eine Medizin? Außer dem Gummihammer…

Geschafft!!! Endlich Uuuuuuurlaub!

Liebes Leben ,

das war's, ich bin raus! Heute war die letzte Prüfung, lief der Leerkraft entsprechend zäh, aber für eine zwei reicht's allemal. Und was will man mehr? Ich danke allen, die an mich gedacht und mir so fest die Daumen gedrückt haben. Ich komm dann mal vorbei, zum Daumen-Anpusten! Ab jetzt werde ich jede Sekunde genießen, eineinhalb Wochen nur noch tun, was mir Spaß macht und das Leben in vollen Zügen genießen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal Urlaub kriege, wenn ich dann endlich wieder arbeite? Es war ein seltsames Gefühl, nach der Prüfung noch gemeinsam anzustoßen und noch zu acht auf einen Kaffee zu gehen. Wir haben uns alle nochmal gedrückt und uns versprochen, fleißig zu mailen. Aber meistens verläuft sich sowas ja irgendwann im Sande. Bei uns nicht, noch sind wir fest davon überzeugt, dass WIR wirklich in Kontakt bleiben. Zumindest mit ein paar besonders lieben Leuten werde ich Kontakt halten. Noch ist es nicht angekommen, dass nun wirklich alles um sein soll. Ich kann es noch nicht glauben. Ich habe es auch noch nicht verinnerlicht. Es fühlt sich noch so an, als würden wir uns spätestens am Montag wieder treffen und im gewohnten Trott weitermachen. Ich bin einerseits froh, alles (bis aufs Mündliche) überstanden zu haben. Aber andererseits betrübt und melancholisch, weil ich mein Zimmer aufgeben musste, keiner WG mehr angehöre – Maggie, ich vermiss' Dich jetzt schon! – keine Klausuren mehr vor mir habe und wahrscheinlich nur noch selten ins Oberschwäbische komme. Jetzt, wo ich mich dort langsam richtig zu Hause gefühlt hätte…  Aber was soll's, that's life und wir bleiben ja alle in Kontakt. WIR schaffen das. Wirklich.

Danke, danke, danke!

Liebes Leben,
und liebe Daumendrücker,

danke für selbiges. Ja, ich denke, es hat ganz gut geklappt bisher. Jetzt steht noch eine Prüfung an, morgen, Büromanagement. Hab heute morgen schon um sechs angefangen zu lernen. Denn eigentlich bin ich ja schon ausgezogen, das heißt, mein Zimmer ist kahl und leer und ich habe nichts Privates mehr da, außer meiner Bettdecke, meinem Kissen und meiner Plüschgiraffe. Habe mir gestern aus Verzweiflung ein Buch gekauft – fast schon ausgelesen… und heute morgen eben um sechs angefangen zu lernen. Tja, auf die Idee, den Fernseher abzuschaffen hätte ich mal schon früher kommen können *g* Wäre sicher lerntechnisch hilfreich gewesen. Allerdings ist es schon ziemlich langweilig auf Dauer. Kann ja nicht jeden Abend um neun schlafen gehen…
Aber jetzt steht wie gesagt nur noch eine Prüfung an. Und die werde ich wohl auch noch über die Bühne bringen. Einigermaßen. Und dann werde ich anderthalb Wochen nur das tun, wozu ich Lust habe. Und davon reichlich. Mann, ich freu mich schon so drauf!

Mittendrin!

Liebes Leben,

komisches Gefühl, aber ich bin mitten in der Prüfung… drückt mir doch bitte alle die Daumen… wir machen grad eine Pause, gleich geht’s weiter!

Das große Abschiednehmen…

Liebes Leben,

Tja, heute war also der große Auszug. Zwei Jahre waren wie zwei Tage. Im Nachhinein. Am Anfang dachte ich: Zwei Jahre. Zwei ganze, lange Jahre in diesem Kaff. Und heute denke ich: Das war's schon? Gerade, wo ich im "Städtle" beim Bummeln Leute erkenne und manche sogar grüße? Fühlt sich so nach Zuhause an…
Der Auszug war so reibungslos, so glatt. Musste nicht mal das Zimmer streichen, weil ich so eine "ordentliche Mieterin war, an der sich so mancher hätte eine Scheibe abschneiden können" – O-Ton meines Vermieters! *protz* Ich werde während der Prüfungszeit noch dort übernachten, in meinem kahlen Zimmer, wo nichts persönliches mehr von mir übrig ist, außer meinem Bettzeug, meinem Radio und meiner Plüschgiraffe.  Was bleibt? Die Erinnerung an zwei Jahre, für die ich dankbar bin, weil ich viele Freundschaften geschlossen, viele WG-Erfahrungen gesammelt, viele lustige Abende verbracht, viel spanisches Essen und italienisches Eis genossen und mich einfach nur glücklich und wohl gefühlt habe. Und das ist doch ganz schön viel.

Ausziehen!

Liebes Leben,

heute werde ich endgültig ausziehen! Meine Schulzeit ist vorbei. Zwei Jahre sind wie im Flug vergangen. Noch drei Prüfungen und dann noch das Mündliche und dann ist sie um. Und heute werde ich also mein WG-Zimmer räumen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Um neun kommen meine Umzugshelfer und dann fahren wir los. Seufz. Tschüs Schule, tschüs Jugendstilvilla, hallo neues Leben!