“Wir verkaufen nix!”

Als die DDR starb, war ich neun Jahre alt. Ich habe zwar noch Erinnerungen an die Nacht des Mauerfalls, weil mein Papa mich geweckt hatte und meinte, ich müsse das im Fernsehen angucken, es sei ein historischer Moment. Wie es dort im Alltag zuging, kenne ich also nur aus Erzählungen oder aus dem Fernsehen. Dass die Regale dort in den Supermärkten oft leer waren, hat sicher jeder schon mal gehört.

Heute morgen war ich ein bisschen in der DDR 2.0 einkaufen. Mit dem Unterschied, dass die Regale voll waren. Aber der Supermarkt wollte nichts davon verkaufen. „“Wir verkaufen nix!”“ weiterlesen

“Liebe Kunden…

…probieren Sie die Zwiebel-Knoblauch-Nuss-Salami an unserer Frischetheke, nur 13 Euro 76 das Kilo. Haben Sie Lust auf Salat? Tomaten aus Holland sind frisch eingetroffen…”

Sowas hört ihr beim Einkaufen? Dann gehen wir offenbar nicht ins selbe Geschäft. Heute morgen. Ich griff gerade nach einer Packung Küchenrolle, als die Dudelmusik ( zu der Hannah übrigens im Takt mitschaukelt, weswegen wir uns meist schlingernd vorwärts bewegen) mit einem Knarzen unterbrochen wurde. Eine Frauenstimme sagte: “Kaninchen gehören zu den beliebtesten Haustieren. Mit ihrem weichen Fell sind sie optimale Kuschelfreunde für Kinder, aber auch Erwachsene haben Freude an den possierlichen Nagern. Einen dick mit Heu eingestreuten Boden auf einer Schicht Sägespäne mögen sie am liebsten.” Knarz. Dann ließ Celine Dion die Titanic untergehen. Während ich über die Anschaffung eines Kaninchens nachdachte, knarzte es erneut. “Wussten Sie schon? Viele Menschen klagen nach dem Aufstehen über Nackenschmerzen. Schuld daran ist oft eine unpassende Matratze. Auch eine Nackenrolle kann oft bereits Abhilfe schaffen. Sollten die Schmerzen anhalten, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.” Knarz. Elvis Presley, der sich mir als Teddybär anpries. Knarz. “Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür. Weil die Tage kürzer werden und die Dunkelheit vielen auf die Stimmung schlägt, empfehlen Ärzte, täglich an die frische Luft zu gehen. Tageslicht wirkt stimmungsaufhellend und ein Spaziergang kurbelt den Kreislauf an.” Knarz.
Ich bleibe ratlos am Klopapier stehen. Was will mir die Frau denn verkaufen? Weder Karnickel noch Matratzen finden sich im Sortiment. Lebensberatung beim Gemüsekauf?
Oder verstecken sich womöglich geheime Botschaften in den Ansagen? Habe ich etwa Hasenstreu statt Toilettenpapier gekauft? An der Kasse vor mir dann der erste Anhaltspunkt: eine ältere Dame legt einen eingeschweißten Pack “Einstreu für Nager und Kleintiere” aufs Band. Gerade als ich sie fragen will, ob sie nicht lieber Toilettenpapier… sagt sie zur Kassiererin: “… Soweit gut, wenn nur mein Nacken nicht wäre. Ich weiß gar nicht, was ich noch machen soll…”
Tja. Zuhören beim Einkaufen. Die lieben nicht nur Lebensmittel, sondern auch schlaue Ratschläge!

DAFANKI???

Beim Einkaufen gibt es zwei unumstößliche Grundregeln, die so sicher sind, wie die Erdanziehung.
Erstens: Meine Schlange ist die Langsamste, völlig wurscht, wie lang sie ist. Zweitens: Irgendwas ist immer. Wahlweise hat einer vergessen, seine Gurke zu wiegen, die alte Dame mit dem kecken Hütchen und den festzementierten Dauerwellen, stellt zehn PFENNING vor Erreichen der geforderten Summe fest, dass das Kleingeldfach doch schon leer ist und frickelt mit zittrigen Händen die vielen winzigen Münzen wieder ins Portemonnaie zurück, das Kassenfräulein muss “Frau Westermeier, Storno bitte Kasse drei, Frau Westermeier bitte” in ihr schwarzes Mikrophon nuscheln oder die Kassenbonpapierrolle endet mit einem rosa Streifen und leisem Rattern just vor mir und will ausgetauscht werden. Wer also Zeit totschlagen muss, gerne Sozialstudien betreibt oder sich schon immer einmal in völliger Ruhe durch das Süßwarenangebot an der Kasse stöbern wollte, dem sei geraten, sich hinter mich zu stellen. Ich bin quasi der Garant für tiefenentspanntes Anstehen. Aber zurück zum Thema. Sozialstudien. Was tut man nicht alles, während man wartet. Ich studiere. Mit Vorliebe das, was andere Menschen vor und hinter mir aufs Band gelegt haben. Denn so ein Einkauf sagt mehr über einen Menschen aus, als sein Lebenslauf es je vermöge. Sag mir, was Du kaufst, und ich sag Dir, wer Du bist. Die alte Dame beispielsweise erledigte einen Lebensmitteleinkauf für einen Tag. Eine eingeschweißte Packung Wurst, zwei Brötchen, einen Becher Erdbeerjoghurt und eine Dose Katzenfutter. Ich hoffte inständig, dass sie sich ihren Lebensabend tatsächlich mit einer Samtpfote teilte und sich nicht aufgrund mangelnden Sehvermögens im Regal geirrt hatte und eine Dose leckeren Saftgulasches in ihrem Einkaufsnetz wähnte.
Die junge Frau hinter ihr, die eine schier unglaubliche Anzahl Becher derselben Puddingsorte erstand, fand ihre EC-Karte nicht und ließ sich vorrechnen, wieviel Becher man für zehn Euro Bargeld wohl bekomme während sie versicherte, dass sie den Rest später abholen komme. Es ist mir ein absolutes Rätsel, was man mit derart viel Schokoladenpudding mit Sahne anfangen kann, noch dazu, weil fette rote Aufkleber von dessem nahenden Ableben durch Erreichen der Mindesthaltbarkeitsgrenze kündeten. Noch bevor schlimme Bilder vor mein inneres Auge zogen, die viel braune Puddingmasse und viel nackte Haut beinhalteten, fokussierte ich mein Interesse auf den Mann vor mir, der vier Meisenknödel und eine Flasche Wodka zu kaufen beabsichtigte. Ein Ornithologe mit Hang zum Alkohol? Während ich noch sinnierte, ob man Meisenknödel mit Wodka flambieren könnte, fiel mir auf, dass das Kassenfräulein mit jedem Bezahlvorgang in ein Töpfchen griff und kleine, in glitzerndes Raschelpapier eingepackte Geschenke in gierig aufgehaltene Hände verteilte. Wie nett! Sicher handelte es sich um Schokolade oder Minzbonbons. Je näher ich ihr kam, desto offensichtlicher wurde – wer viel kaufte, bekam viel Raschelschokolade, wer wenig kaufte nur ein oder zwei Tütchen. Ich schaute nachdenklich auf meinen Lego-Power-Ninja-Quigong-Wakawaka-Superflieger, den das Patenkind meines Mannes zum Geburtstag bekommen würde. Wieviel Lutschdrops dafür wohl rausspringen würden? Ich verrat’s lieber gleich – nada. Null. Niente.
Als ich nämlich endlich bezahlen durfte, verstand ich, warum meine Schlange so exorbitant langsam vorankam. Die Kassiererin sprach einen derartig kantigen Akzent, dass sie alles zweimal sagen musste. Den Preis zu erraten schaffte ich noch problemlos, da die Kasse über eine freundlich grüne Digitalanzeige verfügte. Auch, dass sie mich nach Münzgeld gefragt hatte, war mir nach kurzem Stutzen klar geworden (“Chabe Sie Fienferle?) Aber ab dann drehte sie den Schwierigkeitsgrad auf “Hinter-Aserbaidschanisch” und ich kam mir vor, wie ein deutschsprachiger Erstklässler im Ural.
Nach zweimaligem Nachfragen konnte ich endlich die Frage nach meinem Sammelbedürfnis von Treuepunkten verneinen.
“Nuhzesiechundecharte?”
Bitte?
“Chundecharte?”
Hunde? Äh..
“CHUN-DE-CHAR-TE”
AH! Kundenkarte! Nein, danke, keine Kundenkarte.
“Chassesettl?”
Bitte?

Sie schaute mich an, als sei die erste Strafarbeit nur noch ein “bitte?” entfernt. Ich begann zu schwitzen. Sie riss den Kassenbon ab und hielt ihn mir ungeduldig unter die Nase.

KASSENZETTEL!
rief ich begeistert wie seinerseits Archimedes in der Wanne. NEIN, danke, den brauch ich auch nicht. Und als ich mich grade zum Gehen wenden wollte, raschelte sie in der verlockenden Minzdrops-Box. Und stellte die alles entscheidende Frage.

“Dafanki?”
Da… was?
“DAFANKI? Sammelesiedafanki?”
Danke, gleichfalls…stammelte ich. Sie rollte mit den Augen.

“JA ODER NEIN?”
Ja oder nein was… ich fürchte… äh… BITTE?
“OB. SIE. DA. FANKI. SAMMELE”

Ich hatte Angst. Wenn ich sie jetzt fragen würde, ob ich meinen Telefonjoker anrufen dürfe, würde sie sicher über ihr schwarzes Mikrophon Lollek und Bollek ausrufen lassen, die beiden ukrainischen Rauswerfer, die mich im Büro des Marktleiters an die Heizung ketten und mir so lange peinliche Fragen zu meinem Einkaufsverhalten stellen würden, bis ich weinend einen 24-Monats-Vertrag für eine Kundenkarte nebst Treuepunkten und Chassesettl unterschreiben würde. Ich schaute in die Gesichter der Menschen hinter mir, die mich alle erwartungsvoll ansahen. Mein Leben raste in kleinen Filmstreifen vor meinem inneren Auge vorbei. Und ich presste schließlich im Angesicht des sicheren Todes ein leises “Nö..?” hervor.

Und wa

Tüte?

Ich habe nicht viele Talente. Dennoch gelingt es mir hin und wieder, durch jahrelange Ignoranz dieses Umstandes und eiserne Disziplin mit Übung und Geduld den Eindruck zu erwecken, ich KÖNNTE das, was ich da tue, schon immer. Ich feile an meiner Ausführung, bis es für den Laien so aussieht, als würde ich das mit Links bewerkstelligen. Manches, was ich mir auf diese Weise im Laufe meines Lebens angeeignet habe, ersetzt blöderweise auch oft das, was alle anderen Menschen an meiner Stelle tun würden und was einfacher wäre. Ok, ich fasele.
Es geht ums Einkaufen. Wo andere Leute ganz einfach einen Euro aus ihrem Portemonaie in den Schlitz des Einkaufswagens versenken und dort alle Konsumgüter auftürmen und damit durch die Regallandschaft mäandern, gehe ich entweder mit einem Körbchen los oder noch lieber ganz ohne was. Wobei, ganz ohne trifft es nicht. Vorbelastet durch Geldbeutel, Handy und Schlüsselbund habe ich eigentlich schon gar keine Hand mehr frei, bevor es losgeht. Das alles nehme ich gerne in Kauf, wenn ich nur nicht einen schwergängigen Einkaufswagen durch den Laden schieben muss, der überall im Weg ist, sich aufgrund eines akuten Ölmangels mit einem nervtötenden Knarzen um jede Ecke quält und immer dann schwungvoll geradeaus fährt, wenn ich ebenso knarzend an seinen Führungsgriff geklammert am Abbiegen bin.
Ich betrat also mit Geld, Schlüssel und Telefon gehandicapt den Laden. (Telefon? Der geneigte Leser wird sich an dieser Stelle fragen, ob ich eine Börsenspekulantin bin, die dringend zwischen Sellerie und Weichspüler “VERKAUFEN, VERKAUFEN” in den Hörer brüllen muss um finanziellen Schaden von den nächsten Generationen abzuwenden – nein, bin ich nicht. Ich bin manchmal einfach dösbaddelig und nehme zum Einkaufen alles mit, was mir wichtig erscheint. Deshalb hat auch ein MANN die Arche Noah gebaut).
Schon der Griff zur ersten Zucchini gestaltete sich schwierig, weil ich mir zunächst den Schlüsselbund an den Zeigefinger der Geldbeutel-und-Handy-Hand hängen musste. Daher führte mich mein nächster Gang einmal quer durch den Laden, denn ich erinnerte mich, dass das Toilettenpapier im Venus’schen Haushalt zur Neige ging. Und was eignete sich wohl besser als Trageablage, als eine Packung Toilettenpapier. Vor dem Regal angekommen musste ich die vier Dinge, die ich mittlerweile trug, kurz zwischenparken auf den Küchenrollen. Ich legte mir eine Packung Klopapier auf den linken Arm und versuchte meine Einkäufe und persönlichen Besitztümer gleichmäßig auf dem Klopapier zu verteilen. Behutsam wie einen Säugling trug ich die beladenen Rollen im Arm aber bereits an der ersten Ecke, wo die Abgeschiedenheit des Hygieneartikelregalgangs wieder in den reißenden Hauptstromzurkassegang mündet, rempelte mich der erste Einkaufswagen von links an. Die Zucchini kullerte derart massebeschleunigt nach rechts vom Klopapier, beschrieb, angefeuert von meinem rechten Ellbogen, einen eleganten Halbkreis durch die Luft und rollte unter den Aufsteller mit den Damensöckchen. Die Einkaufswagenbegleiterin entschuldigte sich wortreich und knarzte von dannen. Ich war allein gelassen mit meinen mittlerweile fünf Problemen. Als ich mich bückte und einen Arm notgedrungen unter dem Klopapier hervorziehen musste, um unter den Socken nach der abtrünnigen Zucchini zu tasten, rutschte als erstes der Geldbeutel von den Rollen, ihm folgte treu und brav das Handy und die Schlüssel konnte ich gerade noch stoppen, mittels der Zucchini in meiner Rechten, die von ihrem Einsatz hellgrüne und klebrig-blutende Wunden davon trug. Schnaufend erhob ich mich und machte mich auf zum Nudelregal. Die Spaghetti stabiliserten den Schlüsselbund zwar ein wenig, konnten jedoch nicht verhindern, dass sich zwei Meter weiter bei einem Ausweichmanöver die Zahnpastatuben auf und davon machten. Bis ich an der Kasse stand, hatte ich fast alle Supermarktbesucher kennen gelernt. Sie hatten mir Zucchini angereicht, “hoppala” zugerufen und Zahnpastatuben mit dem Fuß gestoppt. Meine rechte Schulter schmerzte vom verkrampften Griff um die Klorollen und als ich alles mit einem Ächzen aufs Band fallen ließ, war ich einigermaßen erleichtert, den Einkauf hinter mich gebracht zu haben.
Als hätte ich bei meiner Jongliernummer durch den Laden nicht ohnehin schon genügend Aufmerksamkeit erregt, setzte der Ladeninhaber an der Kasse noch eins drauf. Ich hatte mich, da ich die Einkäufe während des Bezahlvorgangs ja wieder ordentlich und rutschsicher auf der Klopapierbasis auftürmen konnte, gegen eine Tüte entschieden. Umwelt und so. Dies quittierte der Jüngling am Scanner mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck, als hätte ich ihm eben angeboten, seinen Laden nach Feierabend nackt zu wischen. Ich bezahlte also und war grade im Begriff, mich der Backwarenauslage zuzuwenden, als er mir hinterher kam. Wortreich, so dass die wartenden Kunden in der Schlange unterhalten waren, malte er sich lautstark aus, was jetzt wohl alles passieren könne. Womöglich kullere mein Gemüse auf den Boden. Nicht auszudenken, wenn ich die Zahnpastatuben verlöre. Dabei koste eine Tüte doch gerade mal 15 Cent! Ich kam nicht mal dazu, mich aufzuregen über die Unterstellung, ich wäre schlicht zu geizig für eine Tüte, denn just als ich Luft holte, stand der zweibeinige Warenabscanner mit einem gewinnenden Lächeln neben mir, öffnete schwungvoll eine Tüte und begann, meine Einkäufe einzuräumen. “Service des Hauses” meinte er mit einem Strahlen, als hätte er meine Zahnpasta innerhalb der letzten zehn Sekunden absorbiert. Ich griff sprachlos in den mir dargereichten Henkel und starrte dem davonwackelnden Kassenkönig nach und in die Gesichter belustigter Zuschauer. Ich brachte dank meiner Kinderstube gerade noch ein “danke” heraus. Und schwor mir, beim nächsten Mal mein Klopapierkunstwerk nur noch dort zur Schau zu stellen, wo man solche Talente zu schätzen wusste.

Es hat mich wieder gepackt!

Das to-do-Listen-Fieber!

Mein Plan bis morgen, 19 Uhr:

Einkaufen
Das Beim-ersten-Mal-Vergessene einkaufen (davon gibt’s jetzt schon was…)
Großteil der Wohnung Putzen
Kuchen backen
Termin in der Werkstatt verschieben
Geschenk einpacken
2. Geschenkteil besorgen
Geschirr bereitstellen
Tisch aus dem Keller und eindecken
Bettzeug raussuchen für Übernachter
Nudelsalat machen
Schichtsalat machen

Mit Ex-Kollegin Frühstücken gehen
Mich Aufhübschen
Freundin am Bahnhof abholen
Ein paar Blumen kaufen für die Deko
Wäsche waschen
Wäsche auf- und abhängen und aufräumen

Hm… mir fällt sicher noch was ein. Hab ja auch schon ganz schön viel ein bisschen was geschafft

Von Einkaufstouristen und Wagenparkern…

Liebes Leben,

ja, ich weiß es ist Samstag, ja ich weiß, 11.30 Uhr ist nicht die beste Zeit zum Einkauf, ja ich weiß, dass ich mir schon hundert Mal vorgenommen hatte, NICHT mehr am Samstag um 11.30 Uhr einkaufen zu gehen.
Heute war ich einkaufen. Samstag, halb zwölf im Supermarkt. Samstags um halb zwölf sind genau die Menschen beim Einkaufen, die offensichtlich auch ein anderes Mal hätten gehen können. Rentner, die mit ihren Einkaufslisten in Sütterlin exakt in der Mitte zwischen zwei Nudelregalen stehen bleiben und fremden Menschen versichern, dass es nach dem Krieg so eine Auswahl nicht gegeben hätte, dass die Menschen damals noch bescheidener gewesen seien und sich mit dem begnügen mussten, was sie bekommen hätten. Wenn man sich dann beinahe für die heutige dekadente Auswahl verantwortlich fühlen möchte, wirft man einen Blick in den Einkaufswagen der Rentner: Chinesisches Wok-Gemüse, Basmati-Reis, Ingwer-Wurzel, Lindt-Pralinen und Weichspüler. Früher war alles besser. Schon klar.
Neben den Rentnern sind da noch die Mütter mit ihren sieben Zwergen, von denen fünf schon laufen können, eins im Wagen plärrt und eins auf dem Arm der Mama den Aufstand probt. Mit lähmender Gleichgültigkeit schieben diese Mütter ihren Wagen (eskortiert von fünf Kindereinkaufswägen mit Fähnchen dran) durch die Reihen und andere Kunden als Spalier in die Seitengänge, um am Ende einen Pack Windeln und fünf Mal Puddingpulver zu erstehen. Auch die Fraktion der Wagenparker ist vornehmlich samstags unterwegs. Das sind die Kunden, die ihren vollen Wagen gerne mal – ist ja aber auch schwer das Ding – im Mittelgang stehen lassen, meist diagonal, und eine Viertelstunde nach dem präferierten Duschgel suchen, ohne sich ihres Verkehrshindernisses bewusst zu sein. Aber am Schlimmsten sind die Erlebnis-Touristen. Vornehmlich Männer, die mit ihren Gattinnen am Wochenende den Großeinkauf machen und sich dabei fühlen müssen wie ein Sechsjähriger im Legoland. Mit großen Augen bleiben sie – natürlich mitten im Weg – vor dem Gewürzregal stehen und nehmen mit unermüdlicher Begeisterung ein Döschen nach dem anderen heraus und studieren dessen Beschriftung. "Schatz, hier gibt's Bratkartoffelwürzer. Und Salz, extra für Tomaten. Was ist denn gerebelt?" Die armen Frauen stehen daneben, schauen auf die Uhr und schwören sich, nächsten Samstag allein einkaufen zu gehen.
Aber es geht ihnen wie mir und so sehen wir uns sicher nächste Woche wieder. Samstag, halb zwölf im Supermarkt.