Liebes Leben,
als ich zum ersten Mal über die Schwelle des alten, knarrenden Hauses getreten bin, wusste ich, dass ich dort einziehen wollte. Wer kommt schon in den Genuss, in einer Villa-WG zu residieren? Für den geneigten Leser vielleicht eine kurze Information: Als Schülerin lebe ich in einer Fünf-Personen-WG in einer Jugenstilvilla – schöner könnte man es nicht haben. An meinem Wohlbefinden sind vor allem meine Mitbewohner (für dieses Jahr!) schuld, die die liebsten und besten sind, die man sich wünschen kann – seid an dieser Stelle gegrüßt!
Jetzt aber zurück zum eigentlich Thema – das Bad. Betritt man das Frauen-WG-Bad (gut als solches zu erkennen, es ist nämlich rosarot), fällt der erste Blick sofort auf ein ausladendes Fenster direkt hin zur Hauptstraße. Wer sich also jemals einsam fühlen sollte, braucht nur den Vorhang zu öffnen und alle Nachbarn werden an der Körperpflege des Betreffenden teilhaben können. Ich persönlich hatte dieses Bedürfnis noch nie. Allein die Anordnung der sanitären Anlagen lässt auf eine gewisse Schrulligkeit des Planers schließen . So befindet sich eine große, rosarote Badewanne an der linken Seite des Bads, die so durch ihre Lage zwei Nischen schafft, in der sich lustige Staubnudeln um sich selbst drehen, sobald ein kleiner Windhauch aufkommt. Auf der rechten Seite hängt ein Waschbecken und ein kleines Regal lehnt an einer ungenutzten Tür. Dazwischen ist – richtig – viel Platz für nichts. Wir haben uns schon ernsthaft überlegt, dort Wiener-Walzer-Kurse anzubieten.
Hinter der Tür allerdings findet sich eine Dusche, die so winzig ist, dass man die Ellenbogen beim Haarewaschen ständig an die Kacheln donnert. An sich also schon etwas für geübte Duscher. Neuerdings hält diese Dusche jedoch besondere Überraschungen parat: Sie hat ein Eigenleben entwickelt! Der Duschende muss sich jetzt gar keine Gedanken mehr über die Wassertemperatur machen – die Dusche regelt dies selbsttätig. Man kann sogar von außen hören, wie sich der Duschende gerade befindet – Aaaahuu (für heiß) und Huuuuaaaa (für kalt). Aber irgendwie habe ich mich damit angefreundet, schließlich seien Wechselduschen ja gesund, heißt es. Das Wasser nimmt mitunter derartige Temperaturen an, dass sogar eine Hartweizennudel schwach würde. Wer sich intensiv der Körperpflege widmet und das heiße Wasser so gut es auf diesem beengten Raum geht, ignoriert, bekommt sogar ein kostenloses Dampfbad dazu. Vielleicht sollte ich also dem Installateur sagen, dass wir die Dusche lieb gewonnen haben und doch keinen neuen Duschschlauch benötigen… aber vielleicht sehen das meine Mitbewohner ja anders und mit denen will ich es mir nun wirklich nicht verscherzen!